Ich denke, also bin ich
von Simon Salzl aka TwinYawgmoth
Teil 1 - Tönerne Taufe
Kapitel 69: Katakomben
»Du spinnst doch wirklich! Wir müssen zurück!«
»Kaschya, mir geht es hervorragend. Diablo hat schon einen zu großen Vorsprung, wir können es uns nicht leisten zu trödeln. Hast du mir immer vorgeworfen, nicht wahr. Wir gehen sofort in diese Katakomben, und wir verlassen sie erst nach Andariels Tod wieder.«
Kaschya setzt einen sehr leidenden Gesichtsausdruck auf. Ich auch. Konnte dem Meister nicht einmal sein beinahe-Tod ein wenig Vorsicht lehren?
»Na schön, du bist der Anführer, du musst es ja wissen. Aber wenn du umkippst, dann bist du selbst schuld!«
Damit dreht sie sich um und schreitet auf die Stufen zu, die in die unterirdischen Kellerräume der Kathedrale führen. Ich muss rennen, um sie zu überholen, denn ich gehe ja immer voran; der Meister schlendert hintenan, oder kann er nicht schneller, weil es ihm tatsächlich schlecht geht?
Hoffentlich ist er in Ordnung. Regenerationstränke heilen nicht vollständig, das weiß ich. Nur die Hälfte der Lebenskraft füllen sie auf. Wir haben keine Tränke mehr übrig, sie jetzt nicht bei Akara nachzukaufen ist schlicht hirnrissig ... Mehr als Hoffnung bleibt nicht.
Kaschya packt mich am Arm, als ich an ihr vorbeihaste.
»Diesmal geh ich vor, oder sollen wir herumirren wie im Gefängnis? Hier zumindest kenne ich mich sehr gut aus.«
Hm ... das freut uns doch. Aber es ist natürlich gefährlicher. Ich muss auch auf sie aufpassen, das bin ich ihr schuldig, wenn man ihre bisherige Hilfe bedenkt. Hoffnung
In den Katakomben warten viele Gegner, sehr viele, um genau zu sein; man merkt eindeutig, die Quelle des Übels ist nahe.
Dunkle Kreaturen mit Schamanen, oft zwei Gruppen in nächster Nähe zueinander. Missgestaltete mit ihren Helden.
Sie alle sind kein Problem für uns. Knochenasches 'Leiche' wurde schnell wieder zu einem Skelett gemacht, was wohl kaum Aufwand dargestellt haben dürfte; nur ein Schwert musste unser neuer Krieger wachsen lassen. Der gefrostete hat die Kälte auch gut überstanden, und die erste Gegnergruppe schwarzhäutiger Gefallener füllte unsere Reihen.
Da stolpere ich und falle fast hin, weil etwas meinen Fuß festhält.
Was zum ... ?
Es ist eine klebrige Substanz, die hier einen Teil des Fußbodens bedeckt. Ich war wohl unachtsam. Aber wie kommt sie hierher? Ich glaube kaum, dass die Jägerinnen hier Kleister verstreut haben.
Da raschelt es.
Mein Blick schießt zur Decke.
Diese ist überzogen mit der weißen Masse, fädig gesponnen von - Spinnen.
Derer sechs hängen in ihren Netzen, welche aus eben jenen Fäden bestehen, eher passiv.
Finde ich gut, denn diese Spinnen sind einen Meter lang und einen halben hoch!
Da kommt Bewegung in die Netzstruktur über uns. An aus ihrem Hinterleib wachsenden Stricken klebrigen Schleims gleiten die Viecher langsam zu Boden ...
Ein Pfeil explodiert bei der, die schon am nächsten dem Boden ist. Sie wird zerfetzt. Teile ihres Panzer fliegen herum, ich, der genau unter ihr stehe, werde von Innereien und grünlichem Blut überschüttet.
Nur gut, dass ich keinen Ekel kenne. Über mir fängt das Netz Feuer. Die anderen Spinnen plumpsen sofort herunter, wild mit ihren Beinen um sich schlagend.
Ein paar Furchen im Ton ignorierend, stürze ich mich auf die nächste, zerstückle sie. Die Skelette haben etwas mehr Probleme, eines wird glatt zur Seite gewischt und landet an der Wand, aber nach nur kurzem Gefecht liegen fünf Spinnenkadaver herum, wir haben noch genausoviele Skelette übrig, und ich bin fast wieder sauber. Die äußersten Tonschichten einfach abblättern zu lassen ist ein probates Mittel.
Bald finden wir eine Treppe in das zweite Untergeschoß. Zielsicher führt Kaschya uns durch Räume bevölkert von bekannten Gegnern, knifflige Situationen gibt es keine. Der Meister findet zwei Heiltränke, jetzt scheint er sich überhaupt keine Sorgen mehr zu machen.
Heimlich trinkt er einen hinter Kaschyas Rücken, trotzdem. Er war angeschlagen. Zum Glück hatte das keine Folgen, aber oh, diese Unvorsicht!
Wir erreichen einen Wegpunkt. Schnell aktiviert ihn der Meister - bei seinem Kontrollteleport werde ich mitgezerrt, sehe ihn Akara anlächeln, und verschwinde wieder. Er hat kein Wort zu ihr gesagt.
In einem Raum ist eine ganze Gruppe dunkler Schamanen, kurz nach dem Öffnen der Tür fliegen mir drei Feuerbälle entgegen. Die dunklen Kreaturen sind etwas langsamer, ich für meinen Teil bin froh, schneller als die Geschoße zu sein. Ausweichtechnisch.
Dann häckseln sich die Skelette durch, bis sie von wiederbelebten Gegner aufgehalten werden. Es ist ein stetes Sterben, unsere Krieger werden kaum beschädigt, die anderen schon, aber sie kommen wieder ... und ich kann nicht mal eingreifen, weil die dummen Knochengestelle die Tür blockieren! Verdammt.
Ich setze mich auf den Boden. Das kann dauern. Der Meister sieht mich fragend an, dann auf den Kampf, der ein Unentschieden scheint; er schüttelt den Kopf. Dann kneift er die Augen konzentriert zusammen.
Ich gähne demonstrativ und beobachte wieder das Kampfgeschehen. Was hat der Meister vor?
Orange Flämmchen erscheinen. Ah, sehr nützlich, wirklich - wo doch ein Schwerthieb sowieso für den Tod einer dunklen Kreatur reicht.
Ein solcher tritt gerade ein, der Kopf des Dämons fliegt weit weg, weiter, als wenn die Wirbelsäule nicht von dem Fluch aufgeweicht wäre. Er hält im Flug noch an, und beginnt, zurückzufliegen. Super.
Und die Skelette sind nicht mal schlau genug, sie nur zu verwunden - nicht, dass das mit deren schnell eintretenden Ende gut möglich ist. Der Verstärkte Schaden ist hier sogar kontraproduktiv.
Da zerfetzt es die frische Leiche. Und drei weitere Gegner treten über vom Leben in den Tod, von Knochensplittern zerrissen. Hey! Doch keine so blöde Idee.
Einer von ihnen setzt sich ein wenig langsam wieder zusammen, aber ich glaube kaum, dass bei dem Gesprengten noch irgendeine Chance auf Wiederbelebung besteht.
Da glüht der zerrissene Körper des sich Zusammensetzenden kurz auf, und ein Feuerinferno später liegt auch ein Schamane in seinem Blut.
Die Skelette dringen vor, und der Kampf ist vorbei.
Der Meister sammelt einen Manatrank auf und trinkt ihn; eine Kadaverexplosion ist sicher kein einfacher Zauber. Tatsächlich verschwinden einige Schweißperlen.
Jetzt sind wir in Etage minus drei. Spinnen, dunkle Kreaturen, Missgestaltete; Skelette, Kaschya, Kadaverexplosion, Fluch, ich.
Keine Chance für die Gegner. Wird das zu einfach?
Der Meister pfeift ein Liedchen, als er nach wieder einem Kampf zu Boden gefallenes Gold (die Besitztümer der Dämonen - Seelen, wie schon einmal von Kaschya angesprochen) einsammelt.
Wo soll das nur enden? Er ist zu überheblich. Viel zu überheblich. Zu selbstsicher.
Er kennt keine Vorsicht, nimmt den Sieg als gegeben an.
Wie weggeblasen sein Taktikverständnis, in seltenen lichten Momenten wie beim Kampf gegen die vielen Schamanen und ihre Diener aufblitzend, ansonsten ertränkt in einem Meer der Arroganz.
Geradezu verschwenderisch nutzt er sein neuestes Spielzeug, die Explosion des Wortes 'Zerstörung'.
Dass dabei sein Mana schwindet, interessiert ihn nicht - es wird doch erhöht durch Stab und Ring und Schild?
Wahnsinn. Wir folgen einem Narren, der sich für einen König hält. Wer hoch steigt der fällt tief, wann kommt sein Fall? Wie tief wird er sein? Wird man ihn nur selbst zum Narren halten ... oder wird das Ende unserer Reise durch die Katakomben auch sein Ende sein?
Was auch immer dieses Ende der Reise bringen wird, ich werde es bald erfahren. Der Meister auch, hoffentlich wird es keine allzu ... schmerzhafte Erfahrung. Denn wir steigen die letzte Treppe herunter, in das letzte Untergeschoß der Katakomben.
Andariel wartet.
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