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Ich denke, also bin ich

von Simon Salzl aka TwinYawgmoth

Teil 4 - Läuterlodern

Kapitel 25: der Knochenmeister

Endlich habe ich es geschafft, mich ein wenig ins Lesen zu vertiefen, da spüre ich ein seltsames Ziehen. Was ist das?

Er hat dir gesagt, du sollst ihn in sechs Stunden wecken, nicht?

Oh, verdammt!

Nun, dann tu das mal.

Er braucht seinen Schlaf!

Befehl ist Befehl.

Du willst ihn nicht wirklich jetzt aus dem Schlaf reißen, oder? Nie im Leben ist er ausgeruht genug.

Er ist selbst schuld, wenn er solche Anweisungen gibt ...

Das Ziehen wird stärker. Bald wird mir der nicht befolgte Befehl weh tun.

... ach, weißt du was? Denk noch mal darüber nach, was er gesagt hat.

Es war ... 'weckt mich in, sagen wir ... sechs Stunden'?

Und, mit wem hat er geredet?

Na, mit ...
Oh.
Im Zweifelsfall mit Deckard und Tenarion, nicht?

Genau.

Nicht mit uns, nicht mit uns, es war kein Befehl ...
Das Ziehen verschwindet.
Danke.

Lass das nicht zur Gewohnheit werden.

Schon klar.

Innerlich lächle ich. Der Zweite öffnet sich mehr und mehr. Wenn er mit der Rate weiter macht, könnte er in vielleicht zwei, drei ... Jahren komplett zur Vernunft kommen. Wir wollen nicht übertreiben.
Ich widme mich wieder dem Buch. Es gibt also kein wirkliches Limit für wie viel Knochenmaterial ein Totenbeschwörer aus dem Nichts erschaffen kann? Außer seiner Willenskraft wieder. Hm ... das würde doch bedeuten, man könnte ... das muss ich mit Tenarion besprechen.
Ich sehe den Meister an. Soll ich ...
Ach, der schläft noch eine Weile.

Nach einer abermals fruchtbaren Diskussion mit dem anderen Totenbeschwörer setze ich mich wieder zum Meister, der immer noch schläft. Vorsichtig lege ich seine Ausrüstung auf den Boden, Halbu hat sie komplett geflickt.
Ach, schlafen würde ich jetzt auch gerne können, das ganze Denken brennt mich völlig aus ... und bei einem Feuerkörper ist das doch bedenklich!

Eine Runde Schach?

Du machst mich fertig.

Aber sicher werde ich das.

Das meinte ich ... ach, vergiss es. Ist zumindest eine andere Art, zu denken.

... haha, das ist doch ein Matt!

Turm auf b1.

Uuh ...

Das ist ein Matt.

Verdammt!

Und damit steht es vierunddreißig zu null ...

Jaja. He, der Meister wacht auf!

Er streckt sich ausgiebig, kratzt sich am Kopf, dann bemerkt er mich.

»Golem? Warst du die ganze Zeit hier?«

»Mit einer Pause, ja.«

Er lässt sich wieder zurück fallen.

»Aber geweckt hast du mich nicht.«

»Du hast deinen Schlaf gebraucht.«

»Vielleicht.«

Noch einmal breitet er die Arme aus und dehnt seine Schultern.

»Na schön, ganz sicher. Hätte gar nicht erwartet, so tief und ruhig schlafen zu können. Ich hab nicht einmal was geträumt.«

»Besser so.«

»Ja ...«

Er sieht sich um.

»Wo ist mein Gürtel?«

Ich runzle die Stirn, dann hole ich das Ding aus der Ecke.

»Bitteschön. Ich lass dich dann mal alleine.«

»Danke. Bis gleich.«

Während er sich fertig macht, sage ich Deckard Bescheid, dass wir bald aufbrechen werden. Zusammen mit Tenarion warten wir auf den Meister.
In voller Montur tritt dieser nach draußen, den Helm unter den Arm geklemmt. Die Skelette, welche die Nacht über still in einer Ecke standen, versammeln sich.

»Guten Morgen, junger Freund.«

»Morgen, Deckard. Tenarion.«

»Wie geht es Euch?«

»Oh, ganz hervorragend. Hunger habe ich. Leistet ihr mir beim Frühstücken Gesellschaft?«

Schnell haben wir einen Tisch in der Mitte der Festung aufgestellt und der Meister lässt sich Brot mit Käse schmecken. Derweil erzählen Tenarion und ich ihm, was wir des Nachts besprochen haben.

»... das heißt, mit entsprechender Übung solltest du in der Lage sein, nicht nur eine Rüstung aus Knochen zu formen, sondern beispielweise eine ganze Wand aus ihnen. Die Möglichkeiten sind endlos.«

»Theoretisch.«

»Natürlich.«

Bedächtig kaut der Meister zu Ende.

»Interessant ist das schon, wobei ich mich abgesehen vom ersten Formen noch nicht wirklich als Knochenmagier gesehen habe. Andererseits ...«

Seine Hand hebt sich. Ihre Fläche beginnt zu glühen, da wächst plötzlich ein gezackter, weißer Dorn heraus. Wie der spitz zulaufende Stamm einer Dornenrose. Er runzelt die Stirn.

»Das sollte eigentlich glatt sein.«

Das Material zerbröselt, die Stücke verschwinden aber schon nach wenigen Zentimetern des Fallens. Tenarion nickt.

»Das bedeutet, dass du noch nicht volle Kontrolle hast, da passiert so etwas. Darum sehen die Fragmente der schwebenden Knochenrüstung auch so zerfranst aus. Wenn du sie um deinen Körper zauberst, passiert das in viel kleinerem Ausmaß, da du ja eine ganz konkrete und instinktiv richtige Form im Kopf hast - deine eigene.«

»Wenn es hart auf hart kommt, sollte ich damit trotzdem Jemanden ziemlich übel überraschen können. Um groß damit zu üben ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt jetzt, aber vielleicht rettet es mir ja mal den Hintern. Vielen Dank für eure Mühen auf jeden Fall.«

Er wischt sich den Mund ab.

»Na denn ... kein Grund, es weiter herauszuschieben. Ich bin gestärkt, ausgeruht, vollkommen bereit. Diablo weiß, dass ich komme. Lassen wir ihn nicht länger warten.«

Deckard legt den Kopf schief.

»Ihr wart gestern noch etwas ... durcheinander. Hat sich das gelegt?«

Der Meister überlegt kurz.

»Ich fühle mich mit mir selbst im Reinen. Meine Gefühle sind mir klar, ich kann sie akzeptieren, aber sie beherrschen mich nicht.«

»Wohl gesprochen.«

Der Horadrim-Weise legt dem Meister die Hand auf die Schulter.

»Ich glaube fest an Euch, wie ich es immer getan habe. Ihr habt Mephisto besiegt, bravourös gezeigt, dass es möglich ist, ein großes Übel inmitten seiner eigenen Hochburg zu schlagen. Tut einfach das Gleiche noch einmal.«

Das bringt den Meister zum Lachen.

»Du bist gut. Aber ja, bloß nicht Panik schieben. Es besteht eine gute Chance, dass ich bei so einem wahnsinnigen Unterfangen draufgehe ...«

Er zuckt mit den Schultern.

»... aber das ist seit Tag eins der Fall. Wäre ein wenig spät, sich jetzt davon unterkriegen zu lassen.«

Tenarion lächelt nur.

»Du bist ein Totenbeschwörer. Wir sind die vielseitigsten Zauberer, die es gibt. Wenn es einer schafft, in die Hölle zu gehen und ihr direkt das Herz aus der Brust zu reißen, dann du.«

Der Meister lässt seine Fingerknöchel knacken.

»Dann packen wir das an.«

Ich sehe mich in der Festung des Wahnsinns um. Fehlt da nicht Jemand? Nicht, dass wir seine Worte brauchen würden, aber etwas seltsam ist das schon ...
Gleich darauf stehen wir wieder im Flammenfluss. Eine Grimasse schneidend setzt der Meister den Helm auf.

»Bin ich froh, wenn wir diesen Glutofen hinter uns lassen können.«

Sein Blick hebt sich zu den Statuen, die uns flankieren.

»Brauchst gar nicht so blöd zu gucken.«

Die Skelette bilden eine saubere Marschformation. Ich stelle mich ungefragt an die Spitze und gehe auf den Beginn der gepflasterten Brücke zu, die ich gestern schon bemerkt habe. Natürlich hat sie kein Geländer, aber immerhin liegt sie etwa dreißig Zentimeter über dem Flammenfluss. Gigantisch an ihrem Ende aufragend ist die Kathedrale des Bösen ...
Da erscheint ein Schatten vor mir, von einem strahlenden Licht geworfen, das plötzlich aufgeleuchtet ist. Was zur ...
Ein Engel landet vor uns. Huh?

»Grüße. Ich bin Hadriel. Ich bin hier, um Euch wichtige Informationen zu geben, bevor Ihr Euch in das Chaos-Sanktuarium begebt.«

»Das ist ein selten dämlicher Name.«

»Diablo ist geschützt von fünf Siegeln, die sich in diesem unheiligen Palast verbergen. Seine stärksten Untergebenen bewachen diese. Ihr müsst sie alle aktivieren, damit er sich zeigt.«

Der Meister sieht mich an.

»Hat er so viel Angst vor uns, oder was?«

»Der Himmel ist auf Eurer Seite. Der Erfolg möge es auch sein.«

»Äh, vielen Dank.«

Der Meister trommelt die Fingerspitzen aneinander, als sich die Stille unangenehm streckt.

»... und?«

»Mehr darf ich mich nicht einmischen.«

Das lässt des Meisters Kiefer fallen.

»Was, das ist das volle Ausmaß der Hilfe des Himmels? Aktivere fünf Schalter, sei vorsichtig, im Herzen der Hölle sind ihre stärksten Dämonen versammelt? Wo ist überhaupt Tyrael, sollte er mir das nicht sagen?«

»Tyrael ist gerade unabkömmlich.«

»Was ist wichtiger, als was ich dabei bin zu tun?«

Hadriel schwebt langsam auf und ab, seine Lichtentakel träge hin- und herschwingend. Die stolzen Flügel schlagen ab und an ein wenig. Wie bei Tyrael ist unter seiner Kapuze nur ein schwarzer Schatten zu erkennen.
Der Meister presst die Lippen zusammen, dann winkt er mich kopfschüttelnd zur Seite.

»Danke für Nichts, ihr Penner.«

Wortlos gehe ich an dem reaktionsfreien Himmelsboten vorbei. Was tut Tyrael gerade?

Vielleicht irgendwo, wo es sonniger ist, am Strand liegen und Bier trinken? Warum überrascht es dich noch, dass der Himmel in etwa so nützlich ist wie eine zweite Nase am Ellenbogen?

Das ist nur ... noch mal eine Ecke schockierender. Als wäre es ihnen völlig egal.

Die Wege des Himmels sind unergründlich, hahaha.

Da tauchen Dämonen auf, eine Gruppe Würger schwebt heran, ihre fahlgelb leuchtenden Körper nahezu unsichtbar vor dem ohnehin sehr hell leuchtenden Hintergrund.

»Vorsicht!«

»Schon bemerkt.«

Die Magier konzentrieren ihr Feuer, und bevor sie uns erreichen, sind zwei schon gefallen, ihr Geisterskelett verkrümmt in die Lava getaumelt. Ich lasse meine Fäuste aufflammen und warte, bis sie nahe genug sind. Die Skelette formen eine Defensivformation an den Rändern der engen Brücke. Die Gegner umschwärmen uns, aber kommen nicht wirklich durch die Barriere aus belebten Knochen. Ihr ineffektives Manaverbrennfeuer vergeht an den Schilden der Wächter. Aber sie haben sich ohnehin den falschen Ort zum Kämpfen ausgesucht.
Ich drehe mich um, um zu sehen, wie ...
Hadriel hat sich ebenfalls umgedreht, schwebt aber immer noch an der gleichen Stelle. Er sieht zu. Das ist doch ...

»Möchtet Ihr nicht helfen?«

»Das ist mir nicht gestattet.«

Der Meister hebt den Zeigefinger an die Stirn.

»Ihr da oben seid doch nicht mehr ganz richtig im Hirn. Seid froh, dass ich das hier für die Menschheit mache, ihr könnt mir sowas von gestohlen bleiben.«

Ob ein so eindeutiger Bruch jedoch das Richtige ist?

Schau dir diesen Bastard an.

Hadriel schwebt. Mir fliegt ein Würger ins Blickfeld. Irritiert blase ich ihn aus der Luft.
Dann drehe ich mich wieder weg. Wenn sie das hier schon nicht interessiert, dann wird es ihnen auch völlig egal sein, wenn der Meister mit ihnen bricht. Da ich ohnehin auf seiner Seite bin ... kann mich der Himmel mal.

Schau an, du wirst ja richtig nett.

Komisch, das Gleiche habe ich neulich von dir gedacht.

Die Gegner sind erledigt.

»Gehen wir weiter, Golem.«

Als Abschied hebt der Meister seinen Mittelfinger nach hinten.
Bald erreichen wir eine Abzweigung im Pfad. Links ein längerer Weg, rechts, was wie eine Sackgasse aussieht ... aber auf dem größeren Plateau ohne Ausgang tummelt sich eine Gruppe Urdars.
Und gegenüber, auf einer weiteren Brücke, wohin wir wohl erst nach längerem Hin- und Herlaufen kommen werden, ein dicht gedrängter Haufen Magier-Ritter.

»Oh, nicht gut.«

Sie beginnen, zu feuern. Ich stelle sicher, dass der Meister hinter mir ist, und fange einige Kugeln, was mir nicht besonders gut tut. Der Schmerz ist vager als im Metallkörper - und zumindest Feuerschüsse machen mir nun überhaupt Nichts mehr aus - aber es ist dennoch alles Andere als angenehm.
Da formen die Wächter eine Reihe am Rand der Plattform, auf der wir stehen, und kein Schuss dringt mehr hindurch. Ihre Schilde scheinen völlig unbeeindruckt von jeglichen magischen Geschossen zu sein. Jedoch sind nun die Urdars auf uns aufmerksam geworden - und wir müssen mit reduzierter Zahl kämpfen.

»Golem, blockier den Brückenkopf. Die Skelette werden dich flankieren, ich ersetze sie, wenn sie zerstört werden!«

Na schön. Dann kommt doch.
Sie kommen. Keulen erhoben. Der erste Schlag geht gleich daneben, weil ich mich komprimiere; jedoch fegt er ein Skelett in die Lava. Was dieses relativ wenig interessiert. Es steht wieder auf und wartet geduldig, bis es gebraucht wird; für mehr ist kein Platz hier oben. Ich verbrenne die Beine des ersten Angreifers. Er brüllt, schlägt wieder zu, aber unkontrolliert; ich kann die Keule ablenken, nutze ihren Schwung, und werfe ihm um.
Verstärkter Schaden erscheint auf seinem Kopf. Die Skelette springen auf ihn, das eine klettert aus der Lava und gesellt sich zu ihnen. Er wird zerhackt. Ich halte mich heraus, weil ich gleich Magierschüssen ausweichen muss. Sie haben aufgegeben, ihr Sperrfeuer auf die Wächterwand zu richten, aber ich bin hier natürlich exponiert.

»Kommst du hier klar?«

»Da immer nur einer herkommt und ich jetzt eine Leiche da liegen habe ... selbstverständlich.«

»Dann weiß ich, was ich jetzt mache.«

Ich fließe in die Lava, mich dort klein machend, damit sie mich nicht sehen. Ein glücksvoller Schuss trifft mich dennoch, aber das kann ich verschmerzen. Plötzlich steige ich wie eine Sonneneruption aus dem Feuer, die nahen Magier zucken zurück, ich packe sie und reiße sie in die Lava. Das macht ihnen auch nicht allzuviel aus. Aber hier unten bin ich in meinem Element. Solange ich nicht zu viel davon absorbiere, weil mir das wirklich nicht gut tut. Ist aber nicht nötig. Ihre Kameraden sehen nicht, wo ich bin, während ich überall hinschlängle, und die, welche unten gelandet sind, werden plötzlich von heiligem Feuer umhüllt und zerquetscht. Einer nach dem anderen.
Wieder suche ich nach Opfern, aber sie sind zu weit weg vom Rand, schlau geworden. Gegen diese Masse komme ich nicht an, das ist Selbstmord. Ich ziehe mich zurück.
Die Urdars sind Geschichte. Der Meister steht hinter seiner Wand aus Wächtern und reibt sich das Kinn.

»Doofe Situation. Die können uns mit Sperrfeuer eindecken, bis mal was durchkommt. Und ich hätte die Wächter auch gerne frei. Du kannst nicht viel mehr machen, nehme ich an? Jetzt sind sie vorsichtig.«

»Mhm.«

»Dann probieren wir doch das hier ...«

Ein Knochenspeer formt sich in seiner Hand. Kurz scheint er nicht zu wissen, was er damit anfangen soll, dann schießt er los ... mit gewisser Geschwindigkeit ... und prallt an der Rüstung des nächsten Ziels ab.
Die Ritter scheinen zu lachen.

»Nicht besonders überzeugend.«

Der Meister versucht es dennoch erneut. Aber Schaden kommt dabei nicht herum.

»Hm ... lacht nicht, ihr Nasen. Ich krieg euch schon.«

Ich sehe mich um. Wo sind denn ...
Die Skelette schleppen eine Urdarleiche heran. Holen aus ... und werfen sie über die drei Meter Flammenfluss, die uns von den Magiern trennen. Himmel, sind die schon stark geworden. Die Magier sind für einen Augenblick geschockt. Lange genug. Dann detoniert die Leichenbombe.
Der Meister erschafft neue Skelette auf der anderen Seite, ein paar alte opfernd; sie kümmern sich um die wenigen Überlebenden.

»Na also. Wenn ich die Knochen schon nicht mit meinen Gedanken werfen kann, dann eben mit meinen vielen Extraarmen.«

Vielseitig, in der Tat. Da hatte Tenarion schon Recht. Was hätte ein heiliger Krieger an dieser Stelle gemacht, seinen Hammer auf sie geworfen?
Wir schlängeln uns weiter durch den entnervend gewundenen Pfad. Noch eine Urdargruppe versucht sich uns in den Weg zu stellen, aber die sind seit Langem kein Problem mehr. Gleichzeitig greifen Würger von hinten an. Zu schade für sie, dass sie ihr Kreischen dabei nicht lassen können, wäre beinahe überraschend gewesen. So vernichtet sie die Nachhut.
Der Eingang der gigantischen Kathedrale, die Hadriel als Chaos-Sanktuarium betitelt hat, rückt immer näher. Nur noch ein gerader Weg trennt uns von dem hoch aufragenden Torbogen ... das Labyrinth, welches linearer war, als ich zunächst erwartet hatte, ist bezwungen.
Links und Rechts von uns sind hingegen noch Plattformen, welche Einiges an Umweg erfordern würden, um sie zu erreichen.

»Das gefällt mir gar nicht ...«

Ich sehe zu beiden Seiten.

»Befürchtest du einen Hinterhalt?«

»Die Stelle ist perfekt.«

Genau in diesem Moment klettern zwei Gruppen Ritter des Abgrundes aus ihrem Versteck hinter den Steinerhebungen, jeweils von einem Helden geführt.

»Ach ne ...«

Sofort stürze ich mich auf die mir nähere linke. Und wenn das Selbstmord ist, je mehr ich jetzt sofort ausschalte, desto weniger Schüsse kommen von beiden Seiten. Ganz so viele Wächter haben wir jetzt auch nicht. Ich lande auf festem Boden, die glühenden Magiekugeln um die Hände der Gegner sind bereits zum Feuern erhoben. Hakenschlagend lande ich zwischen ihnen, breche Genicke mit meinen hart gewillten Flammenfäusten, erhitze Knochen, bis sie zerbersten, lasse sie aufeinander schießen, indem ich mich in letzter Sekunde wegducke. Das hätte ich auch vorher tun können! Sie sind im Handkampf völlig machtlos. Zwar tragen einige von ihnen auch Schwerter, aber was sollen sie mir damit anhaben können?
Da landet die Klinge des Helden in meiner Brust. Ein eisiger Schauer geht von ihr aus, meinen Kern durchfahrend. Oh ...
Für einen Augenblick starre ich ihm direkt in die leeren Augenhöhlen. Mir ist, als würde sich sein Schädelgrinsen weiten.
Dann verlösche ich einfach.

Ich komme wieder zu mir, nur, um von einer Barrage an Schüssen fast wieder vernichtet zu werden. Ungewollt schreie ich auf.

»Tut mir Leid, tut mir Leid! Das war gerade zu knapp!«

Der Meister steht ziemlich alleine da. Er hat mir sofort wieder den Rücken zugedreht, um ein paar weitere Schüsse abzufangen; ich sehe nur noch wenig übrig von der Armee.

»Was ist passiert?«

»Die Helden verstärken ihre Schüsse, das halten die Wächter nicht aus. Habe ich nicht mit gerechnet! Kannst du die da hinten etwas dezimieren noch?«

Ich sehe, dass er normale Skelette aus den Leichen erschaffen hat, die ich in der linken Gruppe erzeugt habe. Sie zwingen die übrigen normalen Ritter in den Nahkampf, welche den Helden beschützen, der weiter feuert. Hinter uns versuchen sich auf einige Skelette daran, die Plattform zu erklimmen, aber der Höhenvorteil der anderen ist zu hoch.

»Wenn du hier kurz alleine klarkommst ...«

»Muss ich wohl! Aber pass bitte auf dich auf. Ich musste schon auf Explosionen verzichten, weil du mir wichtiger bist, aber noch einmal bekomme ich keine Beschwörung hin!«

Richtig, ich bin ja sehr manaintensiv ...
Ich setze mich wieder in Bewegung. Die paar Schüsse, die ich schlucken muss, kann ich verschmerzen. Vom Helden muss ich mich eben fernhalten ...
Ja, sobald ich direkt unter ihnen bin, sind sie Geschichte. Ich tanze wie ein Buschfeuer durch sie, für komplettes Chaos sorgend; das erlaubt den Skeletten, aus der Lava zu klettern, und bald sind die Magier erledigt. Bis auf den Helden. Der zückt sein Schwert und schlägt einem unserer Krieger ohne groß ausholen zu müssen den Arm ab.
Gegenüber kann ich gerade erkennen, wie sein Kollege ebenfalls alleine dasteht; er hat nicht die Kraft, sofort mit den Skeletten fertig zu werden, ist aber verdammt schnell. Sie treffen ihn nicht wirklich. Doch! Da findet ein Streitkolben sein Ziel, und der brechende Knochen klingt bis hier durch.
Schnell hebt er die andere Hand, und ... es formt sich eine Knochenrüstung um ihn. Die drei schwebenden Stücke, die auch Tenarion dem Meister schon gezeigt hat.
Plötzlich ist ihm egal, was die Skelette tun. Und mein Gegenüber ... hat unsere Truppen gerade vollends ausgelöscht. Jetzt wendet er sich mir zu, und zieht ebenfalls seine Rüstung hoch. Verdammt, wenn das Ding mich so gut blockt wie Tenarions es tat ... er kann sie ja beliebig erneuern! Und bei der Kraft halte ich sicher auch nicht viele Schläge aus.
Da ... fängt der Meister zu lachen an.

»Ihr wollt also Totenbeschwörer spielen?«

Mein Gegner wendet sich kurz von mir ab, hat aber definitiv ein Auge auf mich.

»Wer spielt denn hier, Kind? Deine Skelette sind schwach. Du bist schutzlos. Auch dein Golem wird dir nicht helfen.«

»Möglich. Aber ich hab gerade eines gemerkt, was euch vielleicht überraschen wird. Weil ihr hier die Kinder seid. Ich kann eure Rüstungen nämlich spüren. Billige Knochenimitate mögen sie sein, aber im Moment sind es Knochen. Und ich bin ziemlich gut in Knochenkunde, wisst ihr?«

Er hebt die rechte Hand.

»Und das erlaubt mir, Folgendes zu tun ...«

Die kreisenden Segmente der Knochenrüstung meines Gegners halten einfach an. Er bemerkt es zunächst nicht, dann zuckt er zusammen.

»Was zum ...«

Seine Hände formen sich zu Klauen über der inne haltenden Rüstung. Sie beginnen zu zittern.

»Vergesst es. Ich bin euch auf diesem Gebiet haushoch überlegen. Leute, ich mach doch den ganzen Tag nichts Anderes. Ich bitte euch. Jetzt geht ... im Sandkasten spielen.«

Der Meister formt blitzschnell eine Faust.
Die Knochenrüstungssegmente beider Helden folgen der Bewegung seiner Finger und teleportieren sich geradezu in die Brust ihrer Erzeuger.
Gegenüber explodiert der Ritterheld in einer Frostnova, mein Gegner bricht einfach nur zusammen.
Dann stehen beide wieder auf, ihre Rippen formen sich wieder, sie legen ihre Rüstung ab und gesellen sich zum Meister als neuste Mitglieder der Armee.

»Verdammte Amateure.«

Ich kann dazu nur ein imitiertes Pfeifen durch imaginäre Zähne beisteuern.


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