Ich denke, also bin ich
von Simon Salzl aka TwinYawgmoth
Teil 5 - Trang Ouls Triumph
Kapitel 22 - Kerzenflamme im Schneesturm
Emund tritt eine Sklavenleiche. "Himmel, bin ich froh, dass ich meine Äxte nicht mehr aus diesen Scheißefressern pulen muss."
"Stell ich mir eklig vor", stimmt der Meister zu. "Einen Schritt zurück, bitte."
Die Leiche platzt auf und ein blitzend weißes Skelett steigt aus einem Haufen undefinierbarer Körperteile hervor.
Emund hält sich den Handrücken vor den Mund. "Ja, wirklich eklig wär das."
"Man gewöhnt sich dran", biete ich an.
Der Meister runzelt die Stirn. "Wird das ein Problem?", fragt er, während er ohne hinzusehen die Armee weiter auffüllt. Emund lacht. "Ich muss die Stückchen nicht haben, aber das krieg ich schon hin." Er geht auf den Meister zu und schlägt ihm so plötzlich auf die Schulter, dass wohl nur Trang-Ouls Avatar verhindert, dass er einfach zusammenklappt.
"Meinst du denn jetzt, dass man mich brauchen kann?", fragt der Barbar mit einem Augenzwinkern.
Irritiert streift der Meister die Pranke von sich. "Gestört hast du auf keinen Fall."
Er lässt die Aussage kurz in der Luft hängen, dann schenkt er uns ein breites Grinsen. "Nein, Unfug, das war Klasse. Willkommen in der Gruppe."
Sein Gesicht bekommt einen fernen Ausdruck, als er die Magier erschafft. Fünf von ihnen auf einmal?
Seine Montur hat auch Vorteile, wie er jetzt langsam und du noch behäbiger feststellst.
Emunds Grinsen nach dem verdienten Lob entgleitet ihn etwas. "Ist was nicht in Ordnung?"
Ich schüttle den Kopf. "Er denkt Taktik. Nichts gegen dich, glaub ich."
Wieder dieses Irritierte im verzogenen Mund des Meisters. "Wir müssen eben die Formation umstellen. Die Magier konnten bisher freizügig feuern, wenn du zwischen ihnen stehst, geht das nicht mehr. Aber ich denke, du bist ohnehin besser in einer eher flexiblen Rolle aufgehoben..."
"Kann ich nicht einfach Äxte auf kleine Scheißer werfen, bis sie aufhören, sich zu bewegen?"
"Nein, weil du versprochen hast, uns nicht in die Quere zu kommen. Wobei das deine...Taktik nicht ausschließt. Pass auf, das machen wir ganz einfach. Die Skelette schaffen es, sich nicht gegenseitig auf die Füße zu treten, frag mich nicht, wie ich das so gut hinbekomme. Du kriegst die zwei Wächter, ich richte sie gerade so ein, dass sie dir gehorchen, aber du wirst mit ihnen reden müssen. Versuchs mal."
Emund hebt die Augenbrauen. "Äh, wink mir zu?", weist er eines der beschildeten Skelette an, und es tut wie geheißen. "Und du, der andere, zeig mir deine besten Tanzschritte!"
Nichts geschieht.
"Vielleicht ein wenig zu komplex für ihn", gluckst der Meister. "Aber merken können sie sich Sachen. Tanz doch was vor?"
"Bloß nicht. Aber merken ist gut." Er deutet nacheinander auf seine beiden Untergebenen. "Du bist Hoku, du bist Brom. Hoku, lauf in diese Richtung. Brom, stell ihm ein Bein."
Die Wächter führen eine meisterhafte komödiantische Einlage vor.
"Gut, ihr könnt wieder aufstehen", lacht Emund.
"Hoku kenne ich ja auch. Freund von dir?", frage ich vorsichtig.
"Im Gegenteil! Ein rechtes Arschloch ist der. Wird Spaß machen, ihn rumzukommandieren. Brom kennst du übrigens auch, er ist der, der dich heute Nacht angepisst hat."
"Haha, was?", schaltet sich der Meister ein. Ich werfe Emund einen Blick zu, der ihn zwar nicht töten könnte, ihm aber durchaus etwas einheizt. Was ihn nur noch mehr zum Lachen bringt.
Ich wusste schon immer, dass du zumindest als Pausenclown taugst. Endlich beweist sich dein Nutzen!
Was lässt man sich nicht gefallen für die Truppenmoral...
Nachdem sich die Menschen etwas beruhigt haben, gibt Emund ernsthafte Anweisungen. Die Wächter sollen bei ihm bleiben, den Kopf unten halten, falls sie vor ihn gehen müssen und grundsätzlich dafür sorgen, dass Gegner nicht zu ihm kommen. "Alles Weitere sehen wir dann schon", schließt er seine Befehle ab. Der Meister nickt, und ich sehe, wie die Armee sich umstellt. Die übrigen Wächter bleiben bei ihm selbst als Eskorte, die Magier stehen jetzt weiter vorne, während unsere Frontlinie jetzt viel offensiver nur noch aus normalen Skeletten besteht. Er hat bei ihnen komplett auf Knüppel verzichtet, dafür das erste Mal Knochenspeere in ihren Händen erschaffen; viel besser geeignet, um die Schwachstellen in Sklavenpanzern zu finden. Meine Rolle ist wie üblich die undefinierteste: Um jeden Preis den Meister schützen, besonders gefährliche Ziele identifizieren und ausschalten, mein Hirn einsetzen eben. Dass der Meister das nicht noch einmal aussprechen muss, ist mir sehr Recht, sonst gibt er noch "aus Versehen" einen Befehl und das wird ganz schnell ganz ekelhaft.
Die Stufen hoch zum Wegpunkt formen einen Flaschenhals, bei Licht betrachtet natürlich ideal für einen Hinterhalt.
Hätten wir, besonders nach einem Tag Vorbereitungszeit für die Gegenseite, eigentlich auch kommen sehen können. Dahinter hingegen...die ersten Schritte aus dem Pass durch die aufgetürmten Felsen des Vorgebirges fallen mir schwer. Links von mir, vielleicht zehn Meter vom Ausgang der Felsenge, stürzt eine Klippe hinab, so steil, dass ich keinen Teil der Felswand sehe; nur das verschneite Tal, Baumwipfel und kleinere Hügel und wenig sonst, die unberührte Natur, ganz weit im Norden, wo der Berg am Ende der Welt steht, der gleichzeitig an ihrem Anfang stand. Aber diese Aussicht, so metaphorisch atemberaubend sie auch ist, interessiert mich nicht. Rechts von mir erstreckt sich das Hochland selbst, eine weit ausgedehnte Ebene hartgefrorener, blasser Erde mit nur wenig zäher, geduckter Vegetation, Büsche, die es irgendwie schaffen, auf einem komplett kahlem Feld dennoch so zu wirken, als würden sie sich verschämt verstecken. Darüber thront der Arreat, ein Massiv noch immer in weiter Ferne und doch klar sichtbar trotz des Schleiers der drohend heranrückenden Wolken, und starrt mit strengen Blick auf die Frevler hinab, die es wagen, sein Hochland zu beschmutzen. Und von diesen gibt es einige. Soweit das Auge reicht, und das ist in der Tat weit auf diesem komplett flachen Abschnitt des Gebirges, zeigen sich die Befestigungen der Dämonen wie Geschwüre auf sonst makellos glatter Haut. Es sind Türme, Mauern, Gräben, Treppen, Leitern, Pfähle, Tore, Brücken; hingeworfen ohne Mörtel, Seile, Nägel oder einen Sinn für Ästhetik, Sicherheit und Logik.
Die Menschen treten zu mir. Emund spuckt in Richtung Klippe. "Diese Pissgesichter. Es wird Monate dauern, hier alles zu planieren und aufzuschütten. Idealerweise mit ihren stinkenden Leichen."
"Du bist optimistisch, das gefällt mir", sage ich so trocken wie möglich. Er wirft mir einen Blick zu und erntet ein verschmitztes Lächeln.
"Hört mal mit dem Süßholzraspeln auf", staubt der Meister dazwischen. Emund und ich sehen ihn an.
"Fangen wir stattdessen mit dem Planieren an", setzt er nach und jetzt lächelt er genauso wie ich gerade. Das Klima ist gut! Endlich! Ich bin froh, dass wir Emund und seine unkomplizierte Persönlichkeit für die Gruppe gewonnen haben.
Wie als Antwort auf meinen Klimagedanken beginnt es, zu schneien. Und mit dem Schnee kommen die Dämonen. In schmutzig-grüner Rüstung stürmen sie heran, Lanzen voran. Schlank sind ihre Körper, undurchsichtig ihre Helme, stark die stampfenden Beine. Fast menschlich sehen sie aus. Und kommen mir irgendwie bekannt vor...
"Sind das...Jägerinnen?"
"Sieht fast so aus!", antwortet der Meister. "Hast du ein Problem damit?"
Ich zögere mit der Antwort, da durchbohrt mich der erste Speer. Sie sind schnell. Reflexartig packe ich die Waffe in mir, was den Ansturm stoppt, sehr zur Verwirrung meiner Gegnerin - da landen zwei Eis- und ein Giftgeschoss in ihrem Brustkorb. All ihre Muskeln versteifen sich und ihr Kopf fliegt in den Nacken, dann bricht sie zusammen, die den schlaffen Händen entgleitende Lanze bleibt in mir. Ich nehme sie in beide Hände, halte sie eher abwesend zur Seite mit der Spitze nach unten, was eine Angreiferin in höchstem Bogen zwischen unsere Skelette stolpern lässt, was ihr nicht bekommt, und beuge mich nach unten.
Der Helm sitzt ziemlich fest, aber ich kann meine Finger in beliebig dünne Spalten drücken. Das Gesicht darunter...
Ich schrecke zurück. Eine vielfarbige Masse ohne eindeutige Züge. Augen, ja. Irgendwo da drin und nicht auf gleicher Höhe. Haare? Büschel, an zufälligen Stellen. Adern? Überall, das Blut darin nicht immer rot. Das Fleisch scheint sich dem Inneren des Helms und vermutlich auch der restlichen Rüstung angepasst zu haben, mit nur grober Erfüllung der Anforderungen für was als "Lebensfähigkeit" unter Dämonen durchgeht.
Ich packe das nächste Dämonenkonstrukt in Form unserer alten Verbündeten und zerbreche dessen Nacken. Guter Versuch, Baal.
Eine Lanze fegt heran.
Sie scheinen gemerkt zu haben, dass Zustechen sinnlos ist.
Ich ducke mich weg, aber es war knapp genug, dass ich ein Stück von mir verliere. Zwei weitere möchten nachsetzen...
Da prallt eine Wurfaxt an dem Helm der linken ab. Sie stolpert, fängt sich wieder, da trifft sie schon die nächste. Ich werfe einen Feuerball auf die andere, aber das hilft nicht viel gegen die Rüstung. Noch einmal versucht die erste, mich anzugreifen, aber sie hat den entscheidenden Fehler begangen, in meine Nahkampfzone zu geraten. Ohne große Probleme schlage ich ihre Lanze zur Seite, suche und finde die Lücke zwischen Helm und Rüstung, und steche einen Feuerfinger hinein. Bin ich froh, dass keine Stückchen dieses Dings an mir hängen bleiben, als die Flüssigkeit in den Dämonenadern explosiv verdampft.
Zu lange überlegt! Noch ein Treffer gegen mich. Ich überstehe es, aber eine große Stichflamme wie eine Fontäne Blut aus einer zerschnittenen Arterie geht mir verloren. Gerade die lässt die Missetäterin zurückzucken, die Bewegung nutze ich aus, reiße ihr den Helm ab, und jetzt kann die Wurfaxt sie fällen, für die ich Emund zugewunken habe.
Und schon ist der Angriff vorbei. Es schneit jetzt dicke Flocken, und was liegen bleibt, wird von polychromatischen Körperflüssigkeiten besudelt. Kein Rot von unseren Menschen dabei.
Der Verlust meines Feuers ist mir unangenehm, ein Pseudoschmerz, der sehr nahe an echten herankommt. Ich strenge mich an, die Flamme wieder aufzubauen.
Kein Erfolg. Nichts. Was ist denn jetzt los? Das ist doch sonst kein Problem.
Es hat zweistellige Minusgrade, Schlauberger! Was denkst du, was das Problem ist?
Oh, verdammt. Ich laufe moderat gehetzt zu einem Feuermagier.
"Gib mal Feuer, Kumpel", sage ich ihm und packe die glühenden Kugeln, aus denen er seine Feuerblitze schießt.
Ah, das fühlt sich gut an. Langsam gewinne ich wieder an Form.
Äh, du solltest vielleicht...
Die Quelle versiegt. Der Magier hat nur noch normale Skeletthände, kein Glühen darum.
"Könntest du aufhören, meine Diener kaputt zu machen? Danke!", beschwert sich der Meister. Er legt dem Fernkämpfer eine Hand auf den Schädel, runzelt die Stirn, zieht eine Grimasse, und umarmt dann plötzlich das Skelett, welches sich auflöst und eine Rüstung für ihn formt. "Fast schon verschwendet, aber den krieg ich so schnell nicht wieder entfacht."
Jetzt landet die Hand auf meinem Schädel. Ich spüre, wie sich ein Feuerball direkt in mir bildet und meine Verletzung im Handumdrehen heilt.
"Danke", sage ich artig. Er blickt mich unlesbar an. "Vielleicht müssen wir uns da noch was überlegen."
Er dreht sich weg. "He!", rufe ich ihm hinterher. "Ist dir eigentlich kalt?"
Ohne sich umzudrehen, winkt er ab. "Irrelevant. Nebenbei hat Larzuk gute Arbeit geleistet."
Nach nur wenigen Minuten Fußweg hält der Meister die Armee kurz an, um drei Wächter dazu zu bringen, sich in unbequem wirkenden Positionen zusammenzufalten. Er benutzt ihre Schilde als Treppe und hat so einen kleinen Aussichtsturm. Von dort starrt er in das stärker werdende Schneetreiben; noch ist die Sicht nicht zu schlecht, aber die Wolken beginnen sich an der Flanke des riesigen Arreats aufzutürmen...
"Die haben da vorne ganz ordentlich was aufgebaut", erklärt er. Haben sie; das sehe ich auch von unten. Aber ich weiß ja, dass ich grundsätzlich übermenschlich gute Sinne habe.
Das wusste er aber auch schon immer. Du weinst normalerweise darum, wenn er dir keine unverdiente Aufmerksamkeit schenkt, aber diesmal ist es einfach taktisch unklug. Vielleicht solltest du ihn darauf hinweisen.
Ach, jetzt auf einmal? Mach das ruhig selber, ich finde schon immer, dass du lernen solltest, für dich selbst zu sprechen.
Haha, wie die ganzen Golems in der Sumpfstadt, die du durch deinen Wahn verdammt hast? Danke, nein.
Der Hohn des Zweiten versetzt mir einen Stich, jedoch nicht aus dem Grund, den er beabsichtigt hat. Dass meine Taten richtig und wichtig waren, bezweifle ich zu keiner Sekunde. Dass ich schon länger nicht mehr an die anderen Golems gedacht habe, das tut mir weh. Wobei, vielleicht ist es ja auch besser, wenn ich mich nicht ständig damit beschäftige. Ich muss hier meine hässliche Pflicht tun und kann ihnen schlicht nicht helfen, jede Sorge lenkt mich da nur ab.
Und Valtores wird das schon schaukeln mit der Hilfe von Lixt und den anderen. So wenig ich letztlich nach meinem persönlichem Abschied mit den dreien zu tun hatte, glaube ich doch, dass sie mir wichtiger sind als sie es dem Meister je waren.
Zumindest Lixt, nicht wahr?
Ja...die arme Lixt...ich verstehe immer noch nicht, wie er das tun konnte.
Er musste. Wenn er...
Ich weiß, warum! Das hat er mir breit genug getreten, danke! Aber wie?
Deine teileweise komplette Unfähigkeit, Pragmatismus auch nur nachzuvollziehen, ist bemerkenswert. Ich dachte, du hättest langsam dazugelernt, was das angeht.
Man muss nicht in jeder Situation immer den zynischsten Ausweg suchen.
"Also, reißen wir es ein?", fragt Emund. Der Meister legt den Kopf schief.
"Mir wäre eigentlich lieber, außen rum zu gehen, aber das ist ein rechter Umweg, so wie es aussieht..."
Da schießt ein Feuerblitz durch die Flocken heran. Ich stürze nach vorne, aber schon hat der Meister den Arm gehoben und das kleine Geschoss zerplatzt harmlos an seiner Rüstung.
"Guter Versuch. Danke für die Entscheidungshilfe. Wir gehen mittendurch."
Emund gibt einen Kriegsschrei von sich. Der Wächterturm löst sich auf und die Armee rückt vor. Dabei ignoriert sie den Enthusiasmus des Barbaren, bis auf die Skelette namens Hoku und Brom, welche ihm gehorchen. Zu dritt sind die an der Front, als sich plötzlich mehrere Dämonen-Kobolde neben sie teleportieren. Emund glotzt etwas verdattert, als die Skelette schon zuschlagen, offenbar auch schneller, als die Gegner erwartet haben. Dann fängt er sich, wirft eine Axt, aber schon ist sein Ziel verschwunden.
Und in meiner Reichweite aufgetaucht. Mein Feuerball trifft das hässliche Vieh, fegt es von den Beinen...und da steht er wieder auf. Wie?
Die schießen Feuerblitze, die halb so groß sind wie sie selbst. Natürlich sind sie feuerimmun.
Jetzt pass aber auf hier. Ich habe heiliges Feuer in mir. Da tanzt er hämisch, weil er meint, ich kann ihm nichts tun - was sagst du zu ein wenig mehr Handgelenk im Wurf? Ich überhitze meinen Körper, bis die Luft mir vor den Augen verschwimmt, richte die Handfläche auf den kleinen Dreckskerl und gebe mir so richtig Mühe. Friss Rechtschaffenheit.
Als die Flammensäule verschwunden ist, ist auch von dem Kobold keine Spur mehr zu sehen.
Na also!
Großartig, noch zweimal, dann ist auch von uns nichts mehr zu sehen.
In diesem Moment merke ich, wie schwach ich mich auf einmal fühle. Als hätte ich weiche Knie. Verdammt, das war doch sonst kein Problem!
Ja, in der Hölle, wo absolut überall genug Feuer zum wieder Aufladen war - lass den Unfug hier, sonst verglimmst du mir in kürzerster Zeit, mein kleines Kerzchen!
Und was sollen wir dann gegen die machen?
Brich ihnen das Genick oder so? Du bist hier der Kreative.
"He, ihr kleinen Pisser! Euere Mütter waren Grottenolme!", rufe ich. Fünf Feuerblitze treffen mich. Na also!
Kreative Dummheit? Nicht übel, du machst wirklich das Beste aus deinen Talenten.
Du bist doch nur neidisch.
Nachdem wir schon einen Hinterhalt dieser Biester samt Held - und ohne Axtwerfer zur Unterstützung - überstanden haben, ist diese Gruppe kein Problem. Da fällt der Letzte...
Nein, da hinten sind noch zwei mehr! Einer verschwindet gleich wieder, landet dem Meister auf dem Rücken. Der flucht, duckt den Kopf zur Seite und vermeidet so gerade noch einen schlampig gezielten Feuerblitz, und verbiegt sich erstaunlich gelenkig, um dem ungewollten Passagier das Jade-Tan-Do in die Flanke zu rammen. Derweil nehmen die Skelette den anderen in die Zange, und nach kurzer Zeit hat er keinen Ausweg mehr. Dann ist wohl endlich...
Ein weiterer Blitz prallt von Trang-Ouls Helm ab. Der Meister schreit auf, als die Funken ihm das Ohr versengen. Wo kommen denn...
Da hinten! Es kommen immer mehr aus dieser komischen Hütte!
Der Zweite deutet unseren Blick auf einen Verhau aus Knochen, unbearbeitetem Leder und Steinen. Flammen schießen plötzlich aus den vielen Löchern im Bau, und zweien von ihnen entspringt jeweils ein Kobold.
Wir sollten das Ding einreißen.
Postwendend.
"Emund! Das Ding da hinten!"
"Bin dabei!"
Er, ich, Brom und Hoku laufen los. Dabei fällt mir auf, wie nahe wir den Befestigungen schon gekommen sind. Palisaden aus unterschiedlich langen und unterschiedlich geraden angespitzten Holzpfählen sind unterbrochen durch Steintürme, die paradoxerweise deutlich weniger wie ein Hindernis wirken als die Holzwände. Ein paar ordentliche Schläge, und das mörtelfreie Mauerwerk sollte einstürzen...
Da teleportiert sich ein frisch geformter Dämon direkt auf die Spitze des Turms. Denkt er, dass er von da oben einen besseren Ausblick hat?
Von der Basis des Turms aus breitet sich plötzlich ein Leuchten aus. Durch die zahlreichen Spalten darin dringt oranges, zuckendes Glühen, das weiter und weiter nach oben wandert. Es erreicht die Spitze...bricht aus ihr hervor, badet den Kobold...er richtet die Hände nach vorne...
Ich packe Emund am Arm, reiße ihn zur Seite und breite mich vor ihm aus. Eine gewaltige Feuerwoge bricht aus den Fingern des Dämonen hervor und badet mich von Kopf bis Fuß, ich muss alle Kraft aufwenden, um nicht vor lauter Energie zu explodieren. Emund ist hinter mir, das ist mir überklar bewusst, also leite ich das Feuer zur Seite, sende ebenfalls Feuersäulen aus meinen Händen, zumindest halbwegs gerichtet, und schmelze die Schneedecke in breiten Schneisen. Die schiere Wucht der sich ausdehnenden Luft wirft Hoku und Brom von den Beinen.
Etwas höher und nach hinten, den rechten Arm!
Ohne nachzudenken gehorche ich dem Zweiten. Kurz darauf endet der Ansturm. Der Turm kommt zur Ruhe. Der Kobold wirkt wütend.
Aber sein Blick ist nicht auf mich gerichtet.
Gut getroffen.
Die Hütte, aus der scheinbar unendlich von seinen Brüdern erzeugt wurden, brennt lichterloh.
Wieder wandert das Glühen den Turm hoch als der Blick des Dämons mit Hassglitzern in den Augen zu mir schwenkt...da spaltet ihn eine Axt.
"Heilige Scheiße, vielen Dank, Dorelem!", keucht Emund.
"Danke, dass du ihn zermatscht hast", gebe ich zurück. "Wenn er so feuergeladen ist, kriege ich ihn nie tot."
"Dann passt ja alles", merkt der Meister an. "Das Ding will ich nicht im Rücken haben. Los, Leute!"
Mit scheinbarem Elan stürzen die Skelette sich auf den auch nur scheinbar wackligen Flammenturm. Nach kurzer Zeit ist er demoliert - na gut, er war wirklich wacklig, aber bei weitem nicht nutzlos.
Mit Verachtung steigt der Meister darüber. "Hm, das ist jetzt natürlich ein wenig ungünstig", stellt er trocken fest, nachdem er auf der anderen Seite angekommen ist.
Bei seinem "natürlich" landet eine Axt an seinem hastig erhobenem Schild...und eine zweite fegt von der anderen Seite heran, wird aber plötzlich aufgehalten, von einer Knochenbarriere, die sich blitzschnell zwischen rostigen Stahl und meisterlichen Kopf schiebt.
Dafür hat er keine Hand gebraucht. Die verwendet er, um seinen Kris in die Magengrube des mit der Wand der Augenlosen geblockten Sklaven zu rammen. An ihm vorbei läuft die Armee und stürzt sich auf den anderen.
"Wann werde ich lernen, nicht als Erster durch Türen zu gehen...", murmelt der Meister.
Hoffentlich bald, sonst wächst mir noch spontan ein Herz, nur damit ich einen Infarkt bekommen kann. Schnell bin ich auch durch das Loch in der Barriere, sehe, was dahinter ist: ein Graben, nur zwei Meter von der Mauer in den Boden gehauen, ein besseres Verb fällt mir nicht ein. Doppelt hält besser oder nur fürchterlich schlechte Planung?
Von beiden Seiten laufen Sklaven heran, welche aber völlig uneffektiv an den Skeletten abprallen. Ich schalte zwei persönlich aus, dann sind wir offiziell in der Befestigung angekommen. Da laufen mehrere Tentakeldämonen heran, von der anderen Seite des Grabens; sie rammen sofort ihre Arme in den Boden. Ich verfolge hastig die Verwerfungen, die ihre knapp unter der Erde unmöglich lang gedehnten Pfählwaffen verursachen.
Einer zielt offenbar auf den Meister. Ich springe in den Graben, ignoriere die unten aufgestellten spitzen Holzstämme - wenn ich sie kommen sehe, kann ich einfach darum herum fließen - und ramme meine eigene Faust in den hartgefrorenen Erdboden. Mit etwas erhöhter Hitze nach außen lasse ich ihn weich genug werden, um durchzudringen bis zum Tunnel, den der Dämon gerade gräbt. Meine Feuerfinger packen den Tentakel, ich sehe den Besitzer überrascht innehalten, dann wende ich all meine Kraft auf und reiße seine Waffen nach oben.
Er knallt mit dem Kopf auf den Boden. Schon spüre ich, wie die Muskelstränge unter mir locker lassen, als er zurückzieht, also presche ich los. Der Tentakel eines anderen schießt aus dem Boden, wo ich gerade stand, und erwischt meinen Fuß; wäre ich nicht aus flüssigem Feuer, müsste ich mir in Zukunft nur noch rechte Schuhe machen lassen. Etwas Substanz kostet es mich trotzdem. Und ich kann sie nicht ersetzen!
Als Flammensäule explodiere ich aus dem Graben heraus, zwischen die Tentakelmonster. Der, den ich gefällt habe, ist immer noch nicht aufgestanden - ich sorge dafür, dass er es nie wieder tut. Aus dem Winkel meines gewählten Sichtfeldes sehe ich einen seiner Kollegen den Arm auf mich richten, da reißt ihm eine Axt den Kopf herum.
Während ich versuche, mich um ihre Attacken herumzuwinden und sie so lange zu beschäftigen, dass unsere Fernkämpfer sie auschalten können, treffen mich doch noch zwei weitere Pfahlspitzen. Ich halte zusammen, aber es ist schwierig. Wenn ich so schwach bin, fühle ich jede Schneeflocke, die auf mir landet, als kleine Eisexplosion, die droht, mich auszulöschen. Und es schneit immer stärker.
Wieder fließe ich einem zwischen den Beinen hindurch, richte mich hinter ihm auf, lege die Arme um seinen Hals und drücke zu - um festzustellen, dass ich es nicht schaffe, ihn zu erwürgen. Sein Hals kommt mir vor wie eine Steinsäule. Er wehrt sich natürlich, zappelt, und seine Arme wachsen, um mich auch auf seinem Rücken erwischen zu können.
"General! Feuer!", rufe ich auf die andere Seite des Grabens, und werde zum Glück erhört, er wirft einen Feuerball auf uns, der Dämon weicht aus, ich fange ihn, absorbiere ihn, sehe gleichzeitig den Verstärkten Schaden auf dem Kopf meines Opfers landen, und das reicht dann wirklich, um ihm das Genick zu brechen.
In die Rückwand der primitiven Festung haben die Konstrukteure noch weniger Aufwand gesteckt als in die vordere: die Erde aus dem Graben ist grob aufgeschichtet worden, ein paar Steine herum, Pflöcke hineingerammt, fertig. Dennoch können wir sie nicht einfach so erklimmen. Der Meister wirft einen Blick darauf, schüttelt den Kopf und seufzt. "Das wird ein wenig komplizierter."
"Die müssen irgendwo reingekommen sein", schlägt Emund vor. "Oder wir suchen nach einer Schwachstelle", ergänze ich.
"Lasst mal", winkt der Meister ab und konzentriert sich. Die Skelettkrieger laufen vor, stellen sich gegen den Wall, heben die Arme. Magier packen diese, verschränken die Arme. Wächter steigen hinauf...
Da fällt einer. Der Meister flucht, tritt dazu, reißt den Gestürzten hoch und schubst ihn ungeduldig wieder auf den wachsenden Knochenhaufen. Diesmal bleibt er oben, den Schild vorsichtiger balancierend.
Faszinierend, sicherlich. Aber darf ich deine Aufmerksamkeit ein wenig zu den Seiten lenken?
Verdammt! "Emund, übernimm rechts, ich halte die linke Flanke!", rufe ich, und bereite mich darauf vor, die Sklaven und Tentakelmonster, welche uns in die Zange nehmen wollen, abzuwehren. Und die Skelette sind nicht bereit wegen der seltsamen Konstruktion des Meisters!
"Hoku, hilf Dorelem!", befiehlt Emund einem seiner persönlichen Diener. Ich nicke ihm schnell dankbar zu - da widerspricht der Meister: "Nein, die beiden brauche ich hier."
"General...!", protestiert Emund, erntet dafür einen herablassend verzogenen Mund, und plötzlich schießen links und rechts von uns Knochenwände in die Höhe, gegen die die Sklaven mit lautem Protest prallen.
Hoku und Brom haben sich nun auch in die Skeletttreppe integriert, die der Meister aufstellen hat lassen - sie reicht bis zur Spitze der Mauer, wo fleißige Knochenhände bereits die Pfähle herausgerissen haben.
"Nach dir, Dorelem", feixt der Meister. Ich schüttle den Kopf. Ist ja schön, dass du alles unter Kontrolle hast.
Mit wenigen Schritten erklettere ich die aufgetürmte Armee, lande sicher auf der anderen Seite. "Hier ist es sauber!", rufe ich zurück. Kurz darauf erscheint der Meister über der Kuppe, springt ohne zu zögern und lässt sich von mir auffangen; Emund kommt als nächster, wirft einen Blick nach unten, brüllt mich an zur Seite zu gehen und landet im Rollen. Ich habe beschlossen, ihm ohne Diskussion zu vertrauen, und zu Recht; unversehrt steht er auf.
Ein Knirschen verrät mir, das die Knochenwände bis jetzt gehalten haben. Und schon hieven die Skelette einander über die Mauer, unnatürliche Kräfte in ihnen haben keine Probleme mit den fleischfreien Gestellen, ohne auch nur eines von ihnen zu verlieren sind wir drüben.
Gut so, denn jetzt ist die Luft nicht mehr rein. Ein Trupp der schnellen Jägerinnen-Kopien fällt über uns her; zum Glück tragen sie keine weißen Rüstungen, wie viele der echten Ausgaben, sonst hätten wir sie im dichten Schneetreiben vielleicht zu spät bemerkt. Der Meister erzeugt eine neue Wand, um sie in einen künstlichen Flaschenhals zu lotsen, und wir stellen uns den Speeren. Ein Skelett wird von zweien aufgespießt und seine Rippen aufgebrochen, was ihm zu viel ist, ein weiteres zu Boden gefegt und einfach überrannt, dann bin ich da; mit der Expertise des Zweiten zur Unterstützung leite ich die Energie eines Speerstoßes geschickt ab, bringe den Dämon dazu, die Spitze in den Boden zu rammen und beende sein jämmerliches Leben. Etwas weiter links stirbt ein weiterer an einer Axt, der Meister flucht dort die Gegner verwundbarer und sprengt die frische Leiche, gleich ist sicher auch meine Seite dran.
Zu spät, ich werde durchbohrt. Diese hier haben jedoch noch nicht gelernt, dass mir das relativ wenig ausmacht. Noch ein Speer durchsticht meinen Rücken, während ich auf den Träger des ersten zufließe und seinen Kopf platzen lasse; ich wende mich um, damit auch der zweite zahlt, als ein dritter mir das Bein wegfegt.
Das ist jetzt nicht mehr etwas, das nur ein Schulterzucken wert ist. Ich verteile mein Feuer um, gefährlich nahe am Kollaps, befreie mich schnell vom Stahl, das immer noch in mir steckt, und wende mich dem schlaueren Angreifer zu; da sehe ich, dass er seine Waffe einfach hat fallen lassen, die Distanz zwischen mir und ihm schnell überbrückt hat und jetzt direkt vor mir steht. Überrascht versuche ich die Abwehr, aber er rammt seine gerüsteten Fäuste einfach in meine Körpermitte und reißt sie mit einem gurgelnden Brüllen, als ich ihm die Hände verbrenne, auseinander.
Ich schaffe es noch, ihn ganz besonders wütend anzusehen, bevor die Schwärze mich umfängt. Wenigstens bin ich mir sicher, dass mein kurzzeitiger Tod seinen endgültigen verursacht.
Als ich nach einem Moment und einer Unendlichkeit des Nichtseins den Meister wieder vor mir sehe, wischt er sich Schweiß vom Kinn.
"Das geht mir langsam auf die Nerven, Dorelem", bemerkt er. Ich mache eine Geste der Hilflosigkeit. "Tut mir ja Leid, dass es schneit, soll ich versuchen, die Wolken wegzubrennen? Dafür brauche ich aber doch noch ein wenig mehr Energie."
"Wir machen das ganz anders", erklärt er. "Hilf den Skeletten dabei, die Speere zu sammeln, mit diesen fürchterlichen Rüstungen fangen wir gar nicht an. Es wird wieder Zeit für Eisen."
Skeptisch blicke ich auf die erste Speerspitze herab, die ich aufhebe. Ich würde auch ohne das meines Erachtens sinnlose Arbeiten zu beginnen protestieren, aber das war eben leider ein Befehl.
"General, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist. Wenn der nächste Haufen Kobolde ihre Feuerblitze auspackt, bin ich noch schneller Schrott als ich gegen konventionelle Feinde verlösche."
"Ach Himmel, deine Feuerprobleme immer. Aber gut, du hast Recht, dann machen wir es uns eben noch einfacher."
Er kniet sich hin und legt die Hand auf den Boden. "Das geht schon. Noch besser aber...geh mal ein paar Schritte weiter von mir weg und steck alle deine Energie in die Erde direkt unter dich. Ja, so, dass du dabei kaputt gehst."
Emund runzelt die Stirn. "Was hast du denn vor mit dem armen Dorelem?"
"Das macht ihm nichts aus", antwortet der Meister abwesend. "Danach gehen wir wieder zurück zu den Anfängen."
"Willst du ihn etwa aus Erde machen?"
"Scharfsinnig", komplimentiert der Meister. "Das ist ein wenig primitiv, funktioniert aber hervorragend."
"Aber...ein Golem aus der heiligen Erde des Berges...", protestiert Emund.
Statt alle meine Energie auf einmal zu entladen, erwärme ich erst einmal langsam den Boden unter meinen Füßen. Somit zögere ich die Befehlserfüllung etwas heraus und gebe Emund Gelegenheit, zu protestieren. Nebenbei...einfach so Selbstmord zu begehen macht mir jetzt nicht unbedingt Spaß.
Jetzt hab dich mal nicht so und erledige das, damit der Meister Emunds abergläubischen Unfug mit vollendeten Tatsachen konfrontieren kann.
"Was soll sein?", fragt der Meister gereizt. "Du hast doch kein Problem mit Dorelem?"
"Jetzt nicht unbedingt", druckst Emund, was mir einen leichten Stich versetzt, obwohl er natürlich insgesamt sehr tolerant ist im Vergleich zu dem, wie die meisten Menschen mir gegenüber wohl stünden. "Aber der Berg hat vielleicht eines", fährt er fort.
"Das lass mal meine Sorge sein", schneidet der Meister den Protest ab. "Jetzt mach mal hinne, Dorelem!"
"Und was ist mit meinen Sorgen?", rufe ich, die Arme anklagend erhoben, aber noch bevor ich den Satz ausgesprochen habe, packt mich die Beherrschung bereits, und ich vollende ihn unter Schmerzen. Den Befehl kann ich nicht verweigern, ich schicke ein Stoßgebet an den Berg und taue die Erde unter mir, indem ich dorthin gerichtet den Feuergeist aufgebe.
Als ich wieder bei mir bin, fühle ich mich seltsam. Natürlich ist mir als Golem nie kalt, selbst in Feuerform im Schneegestöber spüre ich die Flocken mehr als löschende Taubheit denn als das, was ich von magischen Frostnovae und anderen Angriffen als wirkliches Kältegefühl kenne. Gleichsam ist auch das Gegenteil nie der Fall - ob ich neben einem Kaminfeuer stehe oder in den Flammenflüssen der Hölle ist prinzipiell egal.
Jetzt hingegen, auf einmal, erfüllt mich eine wohlige Wärme wie ich sie noch nie erlebt habe. Das muss es sein, das Gefühl, das der Meister hat, wenn er von Atma eine Tasse Milch frisch vom Herd bekommt, und mit dem Schuss Honig darin dazu. Es ist so, als ob nicht nur alles irgendwie in Ordnung ist, sondern mehr als das, es ist richtig und gut.
Wenn da nicht die Schmerzen wären. Ein Brennen an manchen Stellen meines Körpers wie einen Tag nach dem unbedachten Griff in eine Fackel. Immer wieder ein schnell verklungener Stich, schnell vorbei, sodass ich gar nicht genau sagen kann woher, aber konstant und unregelmäßig und wahnsinnig störend. Viele kleine Probleme, ein Ziehen wie sich ein verspannter Muskel anfühlen könnte, ein Arm, auf dem man zu lange gelegen hat, ein eingeklemmter Daumen. Alles Dinge, welche ich noch nie erlebt habe, aber irgendwie instinktiv verstehe: so muss es sein, in einem Körper zu hausen. Jedoch in einem, der den Tag zuvor die Treppe hinunter gefallen ist. Und das nach einem schlimmen Alkoholexzess; alles ist untermalt vom Rauschen eines brummenden Kopfschmerzes.
"...ist alles in Ordnung, Dorelem? Was ziehst du denn für ein Gesicht?", fragt der Meister, jetzt doch auf einmal besorgt. Ich hebe meine Hand, die sich anfühlt, als wäre die Haut an ihr vertrocknet und würde bei jeder Bewegung fast aufbrechen.
Sie ist aus Ton, wie ich es von früher gewohnt bin, die braune Oberfläche etwas heller als der fruchtbare Boden Kehjistans, aber ansonsten ganz normal.
"Mir tut alles weh", gestehe ich.
Der Meister scheint unter dem Helm die Augenbrauen zu heben. "Wie das denn? Was genau?"
Ich versuche, es so gut als geht zu beschreiben, aber merke schnell, wie es ins Lächerliche abdriftet, vor allem, weil ich keinen Vergleich habe. Schließlich schüttelt der Meister den Kopf. "Wird es dich im Kampf beeinträchtigen?"
Darauf weiß ich keine Antwort als ein entrüstetes Schulterzucken, was der Meister genauso pampig und wortlos beantwortet.
"Du hättest das nicht tun sollen, General", schaltet sich jetzt Emund ein. Der Ärger des Meisters schwenkt sofort zu ihm um, aber der Barbar lässt sich nicht ins Wort fallen. "Ich bin jetzt wirklich keiner von diesen Totemspinnern, aber es gibt einfach ein paar Sachen, die ignoriert man nicht. Wie die Heiligkeit des Arreat. Der Berg ist wichtiger als alles andere."
Mit so viel Gegenwind hat der Meister offenbar nicht gerechnet und fährt seinen eigenen Zorn etwas zurück - auf Sturheit.
"Meine Mission ist es zufällig, den Berg zu retten."
Emund packt ihn an der Schulter, was den Meister zusammenzucken lässt, aber vor allem aus Überraschung. Der stärkere Mann dreht den gerüsteten zu sich und nimmt auch die zweite Schulter, dann verkürzt er die Distanz zwischen ihren Gesichtern auf "unangenehm".
"Und trotzdem wirst du ihm Respekt zollen", knurrt Emund. "Verdammt noch mal!", ruft er plötzlich. "Wenn der Knochenscheißer hier der echte Hoku wär, hätte er schon längst mit dir den Boden aufgewischt!"
"Das hat er schon mal versucht. War mäßig erfolgreich", sagt der Meister tonlos.
"Mir scheißegal, du weißt, was ich meine. Ich werd dir aus dem Unfug jetzt keinen Strick drehen, wenn du den Rest auch verstanden hast."
Der Meister seufzt, dann blickt er mit unlesbarem Ausdruck zu Boden. "Ja, habe ich. Soll ich Dorelem wieder wegschicken?"
"Könntest du diesen Unfug auch mal lassen?", fahre ich dazwischen. "Frag mich gefälligst, wenn du mit meinem Körper rumspielst!"
Für einen Moment könnte ich schwören, dass die Augen des Meisters aufblitzen hinter seiner Schädelmaske. Seine Erwiderung ist jedoch völlig ruhig. "Meinetwegen. Dorelem, hättest du etwas dagegen, wieder den Feuerkörper zu bekommen und deine Schmerzen so loszuwerden?"
Aus seinem sarkastischen Unterton merke ich sofort, dass er meinen Protest überhaupt nicht verstanden hat. Ich würde ihm die Meinung geigen, aber jetzt, nachdem Emund sich schon beschwert hat...verdammt! Wir können hier doch nicht rumstehen und streiten!
Richtig, und darum hältst du schön den Mund. Wenn du das einfach immer machen würdest, wäre alles viel leichter.
Das bezweifle ich jetzt aber stark. Aber zurück zur Frage des Meisters...
"Um ehrlich zu sein, würde ich gerne wissen, woher die Schmerzen kommen. Emund, jetzt, wo das Kind schon in den Brunnen gefallen ist, können wir kurz darüber nachdenken?"
Emund zuckt mit den Schultern. "Es ist dein Körper. Und ich denke, es ist klar, dass du nicht schuld daran bist, dass er jetzt so aussieht."
Himmel, warum kann ich nicht ihn als Meister haben?
Noch schlimmer, was ist in den letzten Wochen passiert, dass ich sowas überhaupt denke? Ich dachte, der General ist mein Freund. Alles...ist seltsam gerade, und das sind sicher nicht die Kopfschmerzen.
Ich lächle dankbar, worauf Emund zwei Finger an die Backe legt und die andere demonstrativ aufbläst. "Hm...du sagtest ja schon, dass es gar nicht so einfach ist, zu beschreiben, wie es dir gerade geht. Fühlst du dich denn irgendwie...schlapp?"
Ich hüpfe ein wenig auf der Stelle. "Eigentlich nicht. Im Gegenteil, bis auf den Umstand, dass mir alles weh tut, bin ich voll in Form!"
"Komisch, sonst hätte ich gesagt, es sind die Symptome einer Krankheit...oder einer Infektion. Fieber und so. Alles ist irgendwie beschissen und du weißt gar nicht genau, warum und woher."
Plötzlich wird mir heiß. Mir ist, als müsste ich in Schweiß ausbrechen, aber...das ist doch unmöglich, woher soll ich das so genau zuordnen können? Unwillkürlich fasse ich mir an die Stirn, sie glüht geradezu.
"Was ist passiert?", fragt der Meister. Ich sehe wieder auf meine Hand herunter, die sich plötzlich deutlich schwerer anfühlt, aber ganz normal aussieht.
"Ich...glaube, ich habe...tatsächlich Fieber bekommen?"
Die Skelette formen plötzlich einen Ring um uns. "Jemand hört uns zu", flüstert der Meister.
Als meine Augen sich weiten, sehe ich in Emunds Gesicht, dass er es zur gleichen Zeit wie ich verstanden hat.
"Der Arreat! Ich spüre den Berg!", rufe ich - und da fällt plötzlich eine gigantische Last von mir ab, mein Kopfschmerz wird zu einem unterdrückten Pochen, meine Gliederschmerzen zu vagem Ziehen, der Rücken fühlt sich fast wieder normal an. Ich strotze vor Stärke!
Die Wachsamkeit der Skelette lässt nach, als der Meister sieht, wie ich mich entspanne. Ernst erwidere ich seinen Blick.
"Er hat mir sein Leid mitgeteilt. Die Schmerzen...es sind die Dämonen, die seine Flanken überrennen, die sich in seinen Boden graben."
"Scheint dir jetzt aber wieder ganz gut zu gehen", bemerkt der Meister.
"Ich denke, der Arreat will nur, dass ich ihn verstehe, er will mich nicht behindern."
Emund nickt beeindruckt. "Das ist...eine große Ehre. Dann will ich nichts gesagt haben über deine Beschwörung."
Dieses verdammte selbstzufriedene Grinsen auf dem Gesicht des Meisters! Ich hadere mit mir selbst, ob ich Emund korrekterweise sagen soll, dass sein Protest vollkommen gerechtfertigt war, aber meine Bedenken von vorhin stehen immer noch.
"Nun denn, ich verstehe diese Ehrung als Auftrag", erkläre ich in Richtung des gewaltigen Massivs vor uns. "Ich kämpfe mit dir für dich, Arreat. Lass uns zusammen deine Schmerzen tilgen."
Himmel, es fühlt sich gut an, wieder aus Erde zu sein. Besonders aus dieser. Die Macht des Berges verleiht mir Kraft. Aber die nicht zu ignorierende Pein dessen, der sie mir gewährt, ist eine ständige Erinnerung an meine Verantwortung. Die Macht dieser Erde werde ich nicht missbrauchen wie die des Inifuss-Baums damals!
Aber die Dämonen wirst du schon noch umbringen, ja?
Meine beiden Hände werden zu Schwertern.
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