Ich denke, also bin ich
von Simon Salzl aka TwinYawgmoth
Teil 1 - Tönerne Taufe
Kapitel 65: Letzte Vorbereitungen
Der Meister klatscht in die Hände, über das ganze Gesicht grinsend.
»Na, wer braucht bei so einer mächtigen Waffe denn noch Skelettmagier? Ausgezeichnet ist das! Dann können wir ja fast schon losziehen, nur an nicht magischer Seite fehlt noch ein bisschen was, das holen wir sofort nach ... «
Was bitte? Er kann doch jetzt nicht einfach aufhören, weiterzuforschen! Die Skelettmagier sind ein derart wichtiger Zusatz zu unserer Truppe, dass sie fast schon lebenswichtig sind!
Die Explosion kann man nicht gerade als Fernkampf bezeichnen, der Radius ist viel zu gering ... und wir brauchen doch so dringend Fernkämpfer!
Er wird seine Gründe haben.
Gründe, Gründe! Faul ist er! Wenn uns das nicht mal wieder in Diablos Küche bringt ...
Der Meister frägt nun Deckard etwas.
»Warum hat mein Stab eigentlich nicht geglüht, als ich die Leiche explodieren ließ?«
Na, da hat er doch mal gut aufgepasst - das habe ich mich auch gefragt.
Cain runzelt die Stirn.
»Kann ich ihn mal sehen?«
»Sicher.«
Deckard nimmt den Holzstab mit dem kleinen Tierschädel darauf in die Hände und dreht ihn. Dann nickt er.
»Dieser Stab verbessert Eure Fähigkeit, Skelette zu beleben. Und nichts Anderes.«
Des Meisters Augen weiten sich.
»Ach so, und ich habe mich immer gefragt, warum ich mit ihm auch ohne Zauberformel ein Skelett beleben konnte - ein Zweites erst, als ich das Runenwort von Akara gelernt habe ... als Belohnung für die Säuberung der Höhle des Bösen.«
»Genau. Mit einem solchen Stab kann eigentlich fast Jeder, der Talent für die Nekromantie besitzt, ein Skelett erschaffen.«
Der Meister denkt ein wenig nach.
»Na toll. Eigentlich ist der ja nicht allzu gut, würde ich sagen. Er ist sogar eher ... schlecht? Aber ich habe da eine famose Idee.«
Damit wendet er sich von Deckard ab, der ihm ein wenig gekränkt nachsieht - immerhin ist der Meister ohne ein Wort des Dankes verschwunden - und schlendert zu Charsi hinüber.
Diese freut sich natürlich, als sie den Meister sieht, aber jetzt kommt er sofort auf den Punkt.
»Charsi, meine Liebe, du wolltest doch Deinen magischen Malus einmal für meine Zwecke verwenden, oder nicht?«
Charsi nickt emphatisch.
»Gerne, General. Solange ich mich nur erkenntlich zeigen kann!«
»Nun, die Gelegenheit wäre gekommen ... sieh dir diesen Stab an. Alles, was er kann, ist, ein Skelett zu beschwören, beziehungsweise mit dabei zu helfen, meine Fähigkeit, sie zu kontrollieren, zu steigern.
Aber das ist mir zu wenig! Er soll mich besser unterstützen. Kannst du ihn so verzaubern, dass er einfach mehr als nur Skelette kann? Zum Beispiel so eine Kadaverexplosion wie gerade, wenn die mehr Schaden anrichten würde, das wäre doch was.«
Charsi sieht den Stab bedauernd an.
»General, da kann ich leider nichts machen. Ist ein Gegenstand bereits mit einem Zauber belegt, dann kann ich nichts daran verändern. Und außerdem kenne ich mich mit der Nekromantie überhaupt nicht aus.«
Der Meister verzieht das Gesicht.
»Da kann man nichts machen?«
»Nein. Vielleicht eine magische Rüstung, ein Schwert?«
»Was will ich mit einem Schwert? Kannst du mir einen neuen Stab herstellen?«
Charsi überlegt.
»Nun, wie gesagt, ich weiß eigentlich nichts über dein Fachgebiet. Damit kann ich auch nicht garantieren, welche Zauber der neue Stab beinhalten würde ... «
Der Meister wird hellhörig.
»Aber er würde Zauber beinhalten?«
Charsi nickt.
»Ja. Ich weiß, wie man Gegenstände eines bestimmten Typs mit Eigenschaften bestimmter Magierichtungen versieht. Ich weiß aber nicht, wie man auch andere Gegenstände damit ausstattet, und ich kann nicht bestimmen, welche Zauber sie erhalten werden.«
Der Meister grinst.
»Das ist wiederum eher unwichtig. Besser als der hier wird der neue Stab sicher sein. Hier, du kannst den hier haben, wenn ich das Ding entferne, wird er sicher nicht mehr magisch sein, dafür ist das Holz schön hart und kann kaum zerbrechen.«
Damit reißt er einfach den kleinen Tierschädel von der Spitze des Stabes herunter, und wirft ihn achtlos weg.
Ich hebe ihn wieder auf, als er sich wegdreht, und von Charsi wegstapft, die ebenfalls ein wenig gekränkt dreinschaut, dem Meister hinterher. Dann sieht sie auf den Stab in ihren Händen und schüttelt den Kopf, seufzend.
Ich renne schnell dem Meister nach. Verdammt! Muss er sich jetzt durch seine arrogante Art schon wieder bei Allen unbeliebt machen, die ihn vorher unterstützt haben?
Beliebtheit ist unwichtig. Es ist die Macht, auf die es ankommt.
Wer hat dir denn so einen Schwachsinn erzählt?
Mein Meister natürlich.
Ah, haha. Wenn das so weitergeht, wird mein Meister zu Deinem. Er soll aber zu dem Jungen werden!
Ach ja, der Junge. Ein furchtbarer Schwächling, zu einem Leben im Elend verdammt, bis er die Macht der Nekromantie entdeckte.
Besser ein schwacher Mensch als ein starker Dreckskerl.
Starken Leuten kann es egal sein, was man über sie denkt.
Weißt du was? Es ist sinnlos, mit dir zu diskutieren. Du hörst mir nicht zu und verstehst mich nicht. Ruhe jetzt.
Der Meister ist jetzt in ein reges Gespräch mit Gheed verstrickt. Gheed ist ein fahrender Händler, der hier, so ich mitbekommen habe, kurz nach der Flucht der Jägerinnen aus dem Kloster angekommen ist, und seine Waren zu unglaublich überhöhten Preisen angeboten hat. Er ist ein schmieriger Typ, mit einer dazu passenden öligen Stimme. Ich mag ihn nicht.
»Zusätzlich zu meinen ausgezeichneten Angeboten im Rüstungsbereich kommt noch meine Sonderoption: Das Glücksspiel. Eine unidentifizierte, garantiert magische Rüstung, für nur einen gering erhöhten Preis? Die Chance auf einen mächtigen, einzigartigen Gegenstand ist gegeben! Oder wie wäre es mit einem Gürtel? Diesem kostbaren, alleine wegen seines Schmuckwertes wertvollen Ring?«
Der Meister scheint unschlüssig.
»Na ja, eigentlich wollte ich ja nur einen besseren Schild als diesen schartigen Beschützer ... «
»Ah! Da habe ich etwas für Euch. Hier, ein Beschützer, beachtet das kunstvoll aufgebrachte Gold! Das Muster aus reiner Purpurfarbe! Der perfekt runde Rand!«
Der Meister wird neugierig.
»Aha, und was kann er sonst so? Ich nehme nur noch Magisches.«
Gheed lächelt schlau ... oder verschlagen?
»Nun, das würdet Ihr herausfinden, wenn Ihr ihn gekauft habt. Es ist ein Angebot im Rahmen meiner Glücksspielaktion.«
Ich sehe, wie der Meister darüber nachdenkt. Wirklich darüber nachdenkt! Als ob man Gheed trauen könnte, der uns hier einen schlecht bemalten Messingschild als golden aufdrücken will!
Zumal ein Goldschild einfach zu weich wäre für den Kampf.
Echt?
Ja. Frischling.
Hmpf. Aber egal. Charsi hat weit bessere Schilde.
»Ist gekauft.«
WAS?
WAS?
»Ah, eine ausgezeichnete Wahl! Wenn ich um die sechstausend Goldstücke bitten dürfte?«
Sechs ... Moment. Sechstausend Goldstücke für so ein nutzloses Ding? Hat der Meister sie nicht mehr Alle?
Sicher hat er einen Plan, was er mit dem Schild anstellen will.
Ach ja, ganz klar.
Der Meister hat immer einen Plan.
Na, den will ich sehen! Viel Gold wechselt den Besitzer (gut, der Meister hat ja jetzt viel, nach dem Sieg über die Gräfin, aber SECHSTAUSEND!), und der Meister trägt den Schild pfeifend zu Deckard, sich sicher, ein gutes Geschäft gemacht zu haben.
Deckard begrüßt ihn.
»Ach, habt Ihr bekommen, was Ihr wolltet?
Oh! Wart ihr etwa auf einer Kurzexpedition nach draußen? Dieses rostige Ding sieht ja aus, als wäre es jahrelang vergraben gewesen!«
Dem Meister fällt die Kinnlade nach unten.
»Das ... das ist ein wertvoller Goldschild ... «
Deckard lächelt.
»Ein guter Witz, mein Freund, aber leider nicht ganz durchdacht. Gold rostet doch nicht!«
Des Meister Blick huscht nach hinten zu Gheeds Zelt.
»Dieser dreckige ... «
Jetzt bin ich aber gespannt, was er macht.
Er könnte uns befehlen, diesen Betrüger das Gesicht neu zu gestalten ...
Spinnst du? Bloß, weil der Meister auf Gheeds dummes Geschwätz hereingefallen ist, müssen wir die Sache doch nicht mit Gewalt enden lassen.
Wie soll man diese Peinlichkeit sonst enden lassen?
Vielleicht es einfach darauf beruhen lassen?
Das hat der Meister nie getan, das weißt du aber auch, oder?
Ja. Er ist nachtragend. Aber doch nicht so!
Wir werden sehen ...
Deckard hat derweil den Schild aus den Händen des Meisters gepflückt.
»Wollen wir doch einmal sehen, ob dieser 'Goldschild' versteckte magische Fähigkeiten hat.«
Ein Grinsen ziert derweil sein Gesicht. Wenn er von dem Schild aufblicken würde, sähe er, wie der Meister seines in einem unglaublich dummen Ausdruck entgleisen hat lassen. Langsam breitet sich aber Wut aus ...
Kurz, bevor der Meister laut losplatzt (er holt schon Luft dazu), schreit Deckard erstaunt auf.
»General, da habt Ihr ja einen echten Glücksfund getan!«
WAS?
WAS?
Schon das zweite Mal doppelt überrascht ... aber was meint Deckard denn damit?
»Dieser Schild ist ein wirklich einzigartiger Gegenstand, die sogenannte Pelta Lunata! Euere Energie wird ebenso erhöht wie Euere Vitalität, was Euere Lebenskraft steigen lässt wie auch Euer Mana! Zudem wird es euch geradezu traumhaft leicht vorkommen, Angriffe von Gegnern abzublocken.«
Und wieder wandelt sich die Wut des Meisters in etwas Anderes um: Genugtuung.
»Ach, das ist ja wohl mal interessant. Vielen Dank, Deckard, ich glaube, über diese Nachricht wird sich ein gewisser Jemand sehr freuen. Ich wette, wegen den Dellen und dem Rost kann Charsi auch noch was machen.«
Und genauso pfeifend wie auf dem Hinweg kehrt er zu Gheed zurück.
Ich sehe dessen Gesichtsausdruck von der Ferne, als sich der Meister artig bei ihm bedankt; er wird noch dümmer als er vorher in den Zügen des Meisters stand. Diesem trieft Zufriedenheit aus jeder Pore, als er danach zu Charsi zurückkehrt. Gut, das ist natürlich auch eine Art der Rache - doch wie habe ich mir nur gewünscht, dass er endlich einen Dämpfer bekommt in seiner selbstüberschätzenden Arroganz ...
Charsi erklärt sich bereit, den Schild bis zum nächsten Morgen zu reparieren, erklärt, dass der Stab bis dahin auch fertig sei, und wir können derweil zu Bett gehen.
Der Weg in die Höhle des Löwen wird beschritten werden von einem unglaublich selbstzufriedenen Meister, einer mürrischen Bogenschützin, und einem doppelten Golem. Besser kann es nicht kommen.
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