el Manisero
... Erdnüsse sind mein Leben ...
Bei mir auf dem Rechner flog noch so ein angefangenes Textfragment im Speicher rum, das eigentlich einem anderen Zweck gewidmet war. Als Tribut an meinen tiefsitzenden Respekt vor dem geschriebenen Wort - insbesondere meinem eigenen - habe ich es dann doch nicht gelöscht, sondern etwas überarbeitet und hier veröffentlicht.
Diablo und ich
Es ist eine tolle Sache, wenn man sagen kann, man war von Anfang an dabei. Man kommt ins Schwärmen über die guten Zeiten, als das Spiel noch neu, die Monster noch gefährlich, die Bugs groß wie Lastwagen und alle Spieler zueinander nett waren.
Leider kann ich das nicht wirklich von mir behaupten. Zwar habe ich das Spiel sofort bei Erscheinen käuflich erworben - sogar zwei Mal, für beide Plattformen - und auch gleich losgespielt, doch leide ich seit jeher an einer sehr knapp bemessenen freien Zeit. Als Folge davon hatte ich bis zu meinem Einstieg ins open battle.net grad mal drei Charaktere angespielt, keinen besonders weit. Als ich dann in die Weiten des battle.net vorstieß, war der Anfangshype längst um. Das muß etwa um Patch 1.06 gewesen sein. Der Umgangston war zwar noch wesentlich freundlicher als heutzutage, und man fand auch leichter den ein oder anderen Mitspieler, der gerne ein komplettes Questspiel mitmachte, doch die Grundsteine für Shuttles, ExpLeeching und vor allem Hacks waren längst tief in die Erde gerammt.
Zwei Dinge haben mich hochgradig gestört. Erstens das Tempo, mit dem durch die Maps gefegt wurde. Zweitens die zunehmenden Cheats. In ein 'help' betiteltes Spiel zu kommen, in dem ein Schlauberger Andariel genau an den Spawnpunkt der Neuankömmlinge im Camp gemoddet hatte, gab dann den Anlaß, ins closed battle.net zu wechseln. Zu der Zeit war es da mit - zumindest offenkundigen - Cheats noch relativ ruhig. Das Spieltempo aber war mir immer noch zu hoch. Ich habe schon immer, selbst im Original Diablo, mehr Spaß am Befrieden einer kompletten Map gehabt, als am möglichst schnellen Durchkommen zu den questrelevanten Punkten und Endgegnern.
Ich hätte fast schon aufgehört, das erste Mal in einer langen Reihe von 'jetzt reicht es mir wirklich' Phasen. Dann kam die Erweiterung Lord of Destruction. Die beiden neuen Klassen reizten mich weniger, die Gegenstände schon eher, obwohl mir die Magic Find Ader irgendwo zwischen Nethack und Baldur's Gate abhanden gekommen sein muß. Allerdings waren da einige Uniques dabei, deren Attribute vor meinem Rollenspielerauge dem ein oder anderen abseitigen Charakterkonzept durchaus eine Chance einräumen konnten. Ausschlaggebend war aber der neue Akt mit neuen Gegnern.
Nun, das erste, was die Erweiterung brachte, war die Gewißheit, daß mit meinem ollen Rechner da nichts mehr zu machen war. Feuerwandzauberinnen waren schwer in Mode, dazu kamen die neuen Klassen Assassine mit irgendwelchen Fallen und Druide mit irgendwelchem Getier und vor allem aurenartigen Effekten. Um es deutlich zu sagen, ich hatte eine Diashow, die jedem Bildbetrachter Programm zur Ehre gereicht hätte, aber ein halbwegs ordentliches Spielen unmöglich machte.
Nach einer Hardware Anschaffung, die ohnehin fällig war, normalisierte sich das etwas. Das war dann allerdings die Zeit der Version 1.08, meiner Meinung nach der schwerste Patch überhaupt. Haufenweise Boßgruppen, auch oft sehr nahe an Wegpunkten und Treppenaufgängen wie dem von Gefängnis zu Innerem Kloster, Dreifachimmunitäten, starke Resistenzmali in Alptraum und Hölle und vieles mehr. Ich hab so oft mit meinem für Classic Verhältnisse ordentlich ausgestatteten und sorgfältig geskillten Necro auf der Grasnarbe gelegen, daß ich schon begann, LoD für ein Liegestütz Sportsimulationsprogramm zu halten. Und das alles. obwohl (oder weil?) ich zu der Zeit durchaus den ein oder anderen Guide bereits kannte, folglich nicht mehr so ganz unschuldig war.
Leute, mit denen ich wenigstens halbwegs regelmäßig gespielt hatte, waren mit LoD entweder komplett ausgestiegen oder nach Hardcore abgewandert. Für Hardcore ist mir aber die Zeit zu schade, schließlich spielte und spiele ich meine Charaktere immer noch komplett durch. Wenn man nach einem Vierteljahr liebevoller und geduldiger Monsterschlächterei Anfang Hölle wegen eines Flüchtigkeitsfehlers oder besonderer Umstände abkratzt und komplett von vorne beginnen darf, ist das deutlich ärgerlicher, als wenn man ohnehin zehn Charaktere pro Woche nach Hölle schleifen läßt und die dann auf der Weide oder anderen grad angesagten Rusher Gebieten 'hochlevelt'.
Was also tun?
Wie viele andere auch bemühte ich eine einschlägige Suchmaschine und fand recht schnell den Weg zu diablo2.de. Hier gab es erst mal jede Menge Lesestoff, der mir meine eigentlich totale Unkenntnis des Spiels offenbarte.
Und ein Forum gab es auch. Ein großes!
Ich tastete mich erstmal vorsichtig in die Hilfesektion. Dort wurden allgemeine technische Probleme besprochen, da konnte ich wenigstens ein bißchen mitreden. Dann noch etwas allgemeine Strategie, und natürlich die Krypta, da der Totenbeschwörer, neusprech Nekromant oder einfach Necro, der Charakter war und ist, der mich am meisten fasziniert. Im Hintergrund stehen, seine Untergebenen machen lassen, ab und an mal dazwischenfunken, und fluchen, was das Zeug hält. Eine vollkommen neue Charakterklasse gegenüber den drei im Original Diablo spielbaren.
Die Krypta blieb dann auch bis zu meinem Abgang aus dem aktiven Forengeschehen immer meine virtuelle Heimat.
Mit Patch 1.09 stellte ich dann fest, daß mich die - in den Foren erarbeiteten - Standardskillungen selbst von Charakteren, die ich kaum bis gar nicht gespielt hatte, sehr schnell langweilten. Folglich verlegte ich mich auf etwas abstrusere, Kritiker sagen 'sinnlose', Konzepte, und brachte den von den Kennern der Materie bereits als undurchführbar ad acta gelegten Meleemancer, einen Necro als Nahkämpfer wieder ins Gespräch. Trotz aller Unkenrufe, eher unterdurchschnittlicher Ausstattung und seltsam anmutenden Prioritäten habe ich diesen Exoten seinerzeit tatsächlich auch komplett durch die Hölle gebracht. Es folgten Giftdolcher (seinerzeit wegen unterirdischem Giftschaden eher ein weiterer Meleemancer mit anderer Bewaffnung), Necrozone (ein an den Amazonenspielstil angelehnter Necro mit Bogen als Hauptwaffe und -schadensquelle), Zweihand-Speeramazone, Hunter (Druide mit Bogen), Schockwellenwerbär, Zweihand-Märtyrerpaladin, sowie einige weitere Konzepte, die es im Unterschied zu den genannten entweder erst gar nicht vom Reißbrett herunter geschafft hatten oder wegen Unlust und/oder meiner eigenen Unfähigkeit vorzeitig eingestellt wurden. Nebenher entdeckte ich noch mein Herz für die eigentliche, als Bogenkämpfer designierte Klasse, die Amazone. Bis heute der einzige Charakter, der mich ähnlich fasziniert wie der Nekromant.
Viel Zeit widmete ich einem kleinen Essay über die verschiedenen Söldnerklassen und ihre Vor- und Nachteile. Eigentlich kein sehr ergiebiges Thema, zumal ich mein Hauptaugenmerk zunächst auf die vielfach verlachten Eisenwölfe richtete.
Als ich gerade eine weitere Zweihand-Speeramazone angefangen hatte - diesmal mit Fokussierung auf Blitzschaden - kam Patch 1.10 dazwischen.
Immerhin, das Mädel war noch nicht so weit fortgeschrtitten, daß ich sie hätte sofort einmotten müssen, sie konnte sich in 1.10 bewähren, selbst solo bei volleren Spielen. Allerdings mußte einiges umgerichtet werden, und nebenher hatte ich noch die Abhandlung über Söldner auf alle Klassen ausgedehnt, da die 'Vorarbeiter' sich aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatten.
Meine knappe dem Spiel zuweisbare Zeit verbrachte ich seit meinem Einstieg bei diablo2.de immer mehr in Foren, auch in der Lurker Lounge und im Amazon Basin, einige Zeit sogar auf diabloii.net (wovon ich aus verschiedenen Gründen, insbesondere der dort vorherrschenden und nachweislich unberechtigten Attitüde gepachteten Universalwissens und Exklusivität, abraten würde), immer auf der Suche nach neuen Erkenntnissen.
Irgendwann veröffentlichte ich schließlich die FAQtoids im Strategieforum, wo diese ganzen Kleinigkeiten zusammengetragen waren, die man immer wieder mal braucht, aber ständig vergißt. Mittlerweile nehme ich wieder wie zu Anfang meiner 'Karriere' fast ausschließlich lesend am Geschehen teil. Bis auf weiteres werde ich aber die Inhalte hier auf meiner ausgelagerten Spielwiese versuchen, so aktuell wie möglich zu halten.
Und ja, ich mag Erdnüsse wirklich!
Danke
An dieser Stelle möchte ich mich bei wenigen mir wichtigen Leuten sehr explizit für ihre Unterstützung oder einfach ihre virtuelle Anwesenheit bedanken.
- Atair
- black_spy
- demRabe n
- Donmom
- Dosbis
- El
- GothicGray
- mshannes
- nookiestar
- Othin
- Red Havoc
- Syzygy
- Tiggy
- TrueMuppet
- UTQ Shadow
- ver-O-na
- winwood
Einen besonders hervorgehobenen Dank möchte ich an dieser Stelle pi17 widmen. Für alle Leser, die sich wundern, weil ich dem auch in Einzelartikeln immer wieder gedankt habe, obwohl er schon lange aus Sanctuario verschwunden ist:
pi17 stieg auf PvP um, als ich Ende 2001 gerade begann, mich im diablo2.de Forum zu etablieren. Er überließ mir seine komplette Sammlung an 'PvP untauglichen' Gegenständen. Waren diese schon damals zwar im Handelswert eher vernachlässigbar, so ermöglichte mir dieser für mich riesige Schatz das Umsetzen auch meiner abseitigeren Konzepte, ohne daß ich dafür jemals den mir lästigen und immens zeitraubenden Tribut an Magic Find Rennereien zollen mußte.
Mit anderen Worten: ohne ihn wäre es sehr wahrscheinlich nie so weit gekommen mit mir.
Geschrieben im L-space, Dezember05, Jahr der madigen Erdnuß